Der erste Schritt zur Nachhaltigkeit beginnt in den Köpfen der Menschen. Doch obwohl jeder eine ungefähre Vorstellung davon hat, was Nachhaltigkeit bedeutet, genügt dieses vage Wissen allein nicht. Beginnen wir mit der ersten Prozessphase „Gestalten“ der Nachhaltigkeit für Unternehmen: Wir leiten sie damit ein, auf die weiteren Entwicklungsschritte vorzubereiten, indem zunächst ein Bewusstsein im Unternehmen geschaffen wird, das den Begriff Nachhaltigkeit konkretisiert.
Phase 1.1 „Bewusstsein schaffen“ rückt damit das Thema in den Fokus der Aufmerksamkeit und bringt es greifbar mit dem eigenen Unternehmen in Verbindung. Das gilt einerseits intern für Mitarbeiter, Führungskräfte, aber auch extern für Interessenvertreter, Kunden, regionales Umfeld und weitere Stakeholder. Unternehmensintern Bewusstsein schaffen ist der Fokus dieses Beitrags, sowie im Rahmen eines Exkurses im nächsten Beitrag. Der unternehmensexterne Blick kommt in Folge 10.
Unternehmensintern Bewusstsein schaffen
Um Bewusstsein zu schaffen, müssen die Mitarbeiter informiert und auch integriert werden. Primär gilt es zunächst, im internen Bereich auf den kommenden Prozess vorzubereiten, da die anstehenden Veränderungen besonders die Mitarbeiter betreffen und sie deshalb frühzeitig integriert werden sollten. Die folgenden Fragen können gestellt und damit die Reflexion angestoßen werden:
- Was bedeutet Nachhaltigkeit für unser Unternehmen und warum ist sie überhaupt wichtig?
- Welche organisatorischen Auswirkungen hat es?
- Wie wirkt sich Umweltschutz auf ökonomischer Ebene aus?
- Was genau soll verändert werden?
- Wie gestalten sich das Vorgehen und der Prozess?
- Was bedeutet das für meine Kollegen, für mich und für mein tägliches Arbeiten?
- Was heißt das für den Kunden?
- Wer will die Veränderung mitgestalten?
Hier kann die bereits vorgestellte Begriffsbestimmung von Nachhaltigkeit herangezogen werden, auch können die schon vorher aufgeführten Studien zum Einfluss von nachhaltigem Wirtschaften auf Arbeitsprozesse und Unternehmen als zusätzliche Fakten erwähnt werden. Wichtig ist, die gesamte Reichweite und Bedeutung darzustellen, also dass es sich um einen langfristig angelegten, ganzheitlichen und gemeinschaftlichen Prozess handelt.
Die große Herausforderung beim Bewusstsein schaffen ist die Mobilisierung der Mitarbeiter und Führungskräfte. Dabei gilt es, die Informationslücke zu schließen und die Handlungslücke aufzuzeigen. Die Informationen über die Bedeutung von Nachhaltigkeit und damit verbundenen Themen wie z.B. Klimawandel, Plastik, Wegwerfgesellschaft, Peak-Oil und erneuerbare Energien sind alle online zu finden. Faktisch haben wir keine echte Informationslücke, sondern eine Handlungslücke. Handlung wird aber selten durch eine Flut von wissenschaftlichen Informationen erzeugt. Entscheidender sind die Einfachheit der Botschaft, die bildliche Greifbarkeit, der persönliche Nutzen und – aus Unternehmenssicht – der ökonomische Vorteil. Es geht bei Nachhaltigkeit nicht um mehr Arbeit, sondern darum, die Arbeit effektiver und effizienter zu machen. An dieser Stelle ist der Artikel „Ten Ways to Get People to Change“ von Morten Hansen zu empfehlen.
In vielen Unternehmen wissen 95 Prozent der Angestellten nicht, dass es eine Strategie gibt oder sie verstehen sie nicht (vgl. Kaplan/Norton 2005: 72). Das ist ein erstaunliches Ergebnis, denn wie kann effizient und zielgerichtet nach einer Strategie gearbeitet werden, wenn diese unbekannt oder unverstanden ist? Um das „Warum?“ und das „Wie?“ einer Strategie zu vermitteln, können interne Kommunikationsmedien (wie etwa Unternehmens-Magazine oder unternehmensinterne Diskussionsplattformen) genutzt werden, zudem können die verschiedenen Abteilungen auf Fortbildungen und Meetings über Veränderungen und Vorgänge informiert werden. Aufgrund dieser Relevanz werden die Erfolgsfaktoren im Change Management in Folge 9 detailliert aufgeführt.
Soll die Nachhaltigkeits-Strategie in allen Bereichen langfristig verankert werden, ist eine Interaktion und Integration von Mitarbeitern und Kollegen wichtig. Das Konzept Nachhaltigkeit betrifft das komplette Unternehmen und schöpft viel Potential aus Teamwork und der Motivation der Mitarbeiter. Findet eine konstante Informationspolitik statt, die den Mitarbeitern die Entwicklungsphasen des Prozesses darstellt und sie mit einbezieht – etwa durch die Möglichkeit, eigene Kritik einzubringen – so schafft dies ein höheres und auch andauerndes Bewusstsein und eine Identifikation mit dem Thema.
Damit verbunden ist auch ein offener und ernsthafter Umgang mit aufkommenden Zweifeln und Ängsten – egal, wie klein oder groß sie auch sein mögen. Auch Fragen wie „Sitzen wir dann im Winter in kalten Büros, weil wir Heizkosten sparen?“ oder Aussagen wie „Das Recycling-Toilettenpapier ist viel zu rau!“ sollten ernst genommen werden.
Für den Prozess bedeutet dies eine höhere Komplexität, andererseits wird das interne Potential umfangreicher ausgeschöpft. Langfristig gesehen bietet eine begleitende Informations- und Integrationsstrategie Rückhalt für das Nachhaltigkeitskonzept, da die Mitarbeiter auf Entwicklung und Veränderungen vorbereitet werden und diese akzeptieren und kritisieren können. Sind das Vorgehen, die Motive und die Chancen verstanden und verinnerlicht, können Integration und ggf. Mitspracherecht zur Identifikation mit dem Thema führen, was damit den Handlungswillen unterstreicht und Motivation fördert. Nur mit diesem Rückhalt ist es möglich, Nachhaltigkeit erfolgreich und langfristig in die Unternehmenskultur und alle Unternehmensbereiche einzubetten. Das CSR-Management ist hier ein möglicher Treiber für einen solchen Prozess.
Hier geht es weiter zur Handbuch-Folge 9: „Change-Management bei Nachhaltigkeits-Projekten“
Über die Serie „Handbuch Nachhaltigkeit: Die gute Absicht praktisch umsetzen“:Schon lange beschäftigen wir uns privat wie beruflich mit Nachhaltigkeit. Durch die Erfahrungen und die Arbeit als Unternehmensberater ist uns klar geworden, dass es für Unternehmen oft schwierig ist, die gute Absicht praktisch umzusetzen. Wir haben deshalb einen Leitfaden entwickelt, der als Werkzeug für nachhaltiges Handeln dienen soll und den wir hier als Serie veröffentlichen.
Bisher erschienen sind:
Das Nachhaltigkeitshandbuch – Die gute Absicht praktisch umsetzen (Serienstart)
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 1): Definition und Bedeutung
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 2): Zustand und Folgen für Unternehmen
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 3): Suffizienz, Effizienz und der Reboud-Effekt
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 4): Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 5): CSR-Management als effektives Werkzeug
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 6): Das Nachhaltigkeits-Modell für Unternehmen
Handbuch Nachhaltigkeit (Folge 7): Das 3×3 Modell zum praktischen Vorgehen für Unternehmen
Quelle:
Kaplan, Robert S./ Norton David P. (2005): “The Office of Strategy Management” In: Harvard Business Review Vol. 83(10). S. 72-80.
Artikelbild: morguefile.com
[…] den Menschen dessen Notwendigkeit und Bedeutung für das Unternehmen deutlich gemacht werden. Wie unternehmensintern Bewusstsein geschaffen werden kann, wurde bereits behandelt. Nun soll es – nach dem Exkurs zu Change Management – um […]
[…] Hier geht es weiter zur nächsten Handbuch-Folge 8: “Bewusstsein im Unternehmen schaffen” […]
[…] Integration Bei der Status Quo Erhebung sollten Mitarbeiter, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, integriert werden. Das hat zwei wesentliche Vorteile. Erstens, die Erhebung profitiert vom Know-How der Mitarbeiter, d. h. ihrem Detail- und Abteilungswissen. Zweitens fördert diese Methode, dass die späteren Entscheidungen als gemeinsamer Prozess angesehen und von den Mitarbeitern mitgetragen werden, da nicht nur die Führungsetage eingebunden ist (vgl. auch Folge 8: Bewusstsein im Unternehmen schaffen). […]