Lebensweise

Schwarze Schafe in grünem Fell (Teil 2)

Geschrieben von Matthias

Kommen wir zum zweiten Teil unserer Serie über schwarze Schafe in grünem Fell.

Wie im ersten Teil bereits gesehen, werden uns immer wieder vermeintlich ökologische Produkte verkauft, die sich bei genauerer Betrachtung als Mogelpackung entpuppen.

Ökostrom

So verhält es sich auch beim Thema Strom. Beinahe jeder Stromanbieter bietet inzwischen einen eigenen grünen Stromtarif an.

Ja es stimmt. Der Strom, der in den eigenen vier Wänden aus der Steckdose kommt, ist nicht grüner als der eures Nachbarn, der konventionellen Strom bezieht und vielleicht daher auch weniger bezahlt. Der Strom im Netz ist ein Mischmasch aus vielen verschiedenen Energieerzeugern (Wasserkraftwerke, Windkraftanlagen, Kohlekraftwerke usw.)

Umso komplizierter wird es für den Kunden, wenn er wirklich grünen Strom beziehen möchte. Es ist alles andere als einfach im Label- und Siegel-Dschungel eindeutig und sicher zu erkennen, wer denn nun wirklich grünen Strom anbietet und die damit verbundenen Wertvorstellungen vertritt. In beiden Fällen, also bei gutem und bösem Ökostrom, wird der Strom vom Unternehmen beim Erzeuger eingekauft und an den Kunden weiterverkauft. Das Unternehmen kauft sich also die Rechte an der Produktion und labelt es als Ökostrom.

Einen wirklichen Ökostrom-Anbieter erkennt man grundsätzlich bereits an seiner Unabhängigkeit von konventionellen Atom- und Kohlestrom-Konzernen. Einen richtigen Ökostrom von RWE wird es nach derzeitigem Stand also nicht geben können. Um die Sachlage etwas zu erschweren und um mehr Kunden zu gewinnen haben viele der konventionellen Konzerne jedoch inzwischen grüne Tochterunternehmen gegründet oder beteiligen sich an regionalen Stromversorgern.

Wirkliche Ökostromanbieter leben die Idee der erneuerbaren Energien und engagieren sich im Ausbau des grünen Stromanteils im Strommix.

Sie reinvestieren Teile ihres Gewinns in den Ausbau der erneuerbaren Energien während man bei anderen Anbietern mit grünem Strom womöglich die Gewinnung von umweltschädlichem Kohle- und Atomstrom fördert. Ein Vegetarier möchte mit seinem Einkauf sicher auch keine Massentierhaltung fördern. 

Nur bei echten Ökostrom-Tarifen fließt euer Geld in die saubere Erzeugung von Energie und fördert aktiv den Ausbau erneuerbarer Energien bei dir vor Ort. Welche Anbieter das sind, findet ihr auf dieser Homepage: HIER

Klimaneutralität

Den Stromanbieter habt ihr nun vielleicht erfolgreich gewechselt. Da könnte man doch gleich das gesparte Geld in die Wirtschaft reinvestieren, vielleicht in eine Fernreise. Das geht ja inzwischen auch ganz klimaneutral. Klimaneutral reisen, klimaneutrale Kaffeebecher … es scheint, als wäre Klimaneutralität das neue ultimative Entscheidungskriterium, wenn es um nachhaltigen Konsum  geht.

Klimaneutral bedeutet in Bezug auf das entsprechende Produkt oder die entsprechende Dienstleistung, dass durch dessen Konsum die Menge an klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre nicht erhöht oder verringert wird. Der Konsum ist bezogen auf das Klima also neutral. Super Sache, erst einmal.

Korrekterweise muss man jedoch sagen, dass jede Handlung eine Auswirkung auf das Klima hat, weshalb Unternehmen, um das Gütesiegel „klimaneutral“ zu erhalten, meist auf zwei Optionen zurückgreifen.

Entweder die Unternehmen passen ihre eigenen Prozesse an, beispielsweise durch den Umstieg auf Ökostrom, Nutzung von Lastenrädern statt Autos im Stadtverkehr usw., oder sie kompensieren ihren Ausstoß an klimaschädlichen Gasen mit entsprechenden Leistungen.

Erstere Lösung ist meist kompliziert und kostspielig, wenn auch die ehrlichere und bessere Variante. In den häufigsten Fällen, wenn überhaupt, werden die Emissionen daher kompensiert.

Die Kompensation hat aus Sicht der Umwelt dabei gleich mehrere Nachteile. Zum einen suggeriert eine Kompensation dem Verbraucher ein „weiter so“. Durch eine Zahlung für ein Co2 kompensierendes Projekt wäscht man seine Hände in Unschuld und kann einfach so weiter machen wie bisher, wodurch Anpassungen der eigenen Angewohnheiten, hin zu einem klimafreundlicheren Lebensstil verhindert werden. Da durch die Kompensation außerdem kein Bedarf entsteht etwas zu ändern, werden notwendige Entwicklungen für sauberere Technologien und Prozesse verzögert oder sogar verhindert.

Daher wird die Kompensationslösung oftmals auch als modernen Ablasshandel bezeichnet.

Die Kompensation stellt eine Art Anleihe auf die Zukunft dar, der einen ausschweifenden, nicht enkeltauglichen Lebensstil im hier und heute auf die nachfolgende Generation und/oder andere Regionen dieser Erde verlagert.

Ein umweltschädliches Verhalten wird nicht besser oder gut, weil ich es kompensiere. In erster Linie gilt es, ein umweltschädliches Verhalten zu vermeiden. Wo das nicht möglich ist, sollte man versuchen es zu verringern und erst als letzte Alternative bleibt dann noch das Kompensieren.

Fazit:

In beiden beschriebenen Beispielen hilft es nur, sich ausreichend zu informieren. Während das beim Wechsel des Stromanbieters eine einmalige Angelegenheit ist, ist es bei Produkten und Dienstleistungen ein komplizierteres und zeitaufwändigeres Unterfangen, um wirkliche Klimaneutralität zu identifizieren.

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