Soziales

Keine Zeit, ich bin im Stress – 4 Ausreden & Auswege

Geschrieben von Florian

Zeit ist ein kostbares Gut. Wir wollen so viel auf einmal machen. Jede Sekunde muss genutzt sein. Wir kommen sonst nicht hin. Gestresst auf der Arbeit ist ein Dauerzustand. Auch in der Freizeit sind wir gestresst. Der Freizeitstress. Einfach mal da sitzen geht nicht. Besser am Smartphone checken, ob in der letzten Minute jemand geschrieben hat. Klingt nach selbst gemachter Hektik. Ist es aber nicht. Nur immer viel zu tun. Die einzige Option dies zu durchbrechen ist es, Urlaub zu machen. Wieder zurück, ist der Alltag zurück und die Erholung in wenigen Tagen verflogen. Kann es das sein? Wer ist hier eigentlich der Schuldige?

4 Ausreden, warum wir gestresst sind. Ausreden, die fast schon Mythen sind, wie z.B. die Ausrede Multitasking zu beherrschen oder dass es bald ruhiger wird. Und 4 mögliche Auswege aus der Stressfalle, wie man sich wieder mehr Zeit für das Wesentliche nehmen sowie stress-freier, achtsamer und bewusster leben kann. Sofern man das wirklich will – für manche ist beschäftigt sein auch ein Statussymbol.

 

„Ich würde ja gerne, aber es ist halt immer total stressig.“

Die Ausrede: Die Wörter Stress, Überbelastung, Hektik, hoher Druck und Burnout sind zur Beschreibung der eigenen Lage schon normal geworden (siehe HBM). Sicherlich treffen sie in manchen Fällen zu. Ohne Zweifel. Aber nicht in allen.

Ein Ausweg: Statt eines inflationären Gebrauchs, ist ein verantwortungsvoller Umgang der Begrifflichkeiten entscheidend. „Bin ich voll gestresst“ oder „ist gerade viel los“. Bin ich müde, weil ich „schlecht geschlafen habe“ oder weil ich „total überarbeitet bin“. Bin ich „nahe eines Burnouts“ oder muss ich mir „einfach nur mal wieder einen Abend Ruhe gönnen“. Was genau muss weniger passieren, damit aus dem Stress-Zustand ein Normalzustand wird? Wie sieht dieser persönliche, ungestresste Normalzustand aus?

 

„Bald ist weniger los, dann habe ich wieder Zeit.“

Die Ausrede: Hätte man mal nicht das ganze Wochenende verplant, sondern frei, Wäsche wäre gewaschen, alles aufgeräumt, alle lästigen Pflichten erledigt, die Sonne würde scheinen und es wäre nicht zu warm aber schon warm aber auch nicht zu kalt, dann könnte man endlich mal ausspannen und zufrieden sein. Bald, in 3-4 Wochen, wenn wir wirklich alles geschafft haben, dann ist das möglich. Das reden wir uns ein. Aber sind diese 3-4 Woche rum, verpufft in der Regel diese Hoffnung. Es ist dann genauso „stressig“ wie es vor 3-4 Wochen war. Auf den perfekten Zeitpunkt zu warten, an dem man viel Zeit und Ruhe hat, ist daher meist ein Irrglaube.

Ein Ausweg: Den perfekten Zeitpunkt für Ruhe gibt es nicht, außer wir nehmen ihn uns. Nur dann kehrt Ruhe ein. Und das ist eine Frage der Priorisierung. Für wichtige Dinge haben wir meist die Zeit bzw. wir nehmen sie uns (teils unbewusst). Wichtige Dinge sind selten materielle Dinge, sondenr vielmehr besondere Momente. Nehmen wir uns dafür keine Zeit, werden sie auch nicht kommen. Das liegt an uns.

 

„Ich muss das halt machen.“

Die Ausrede: Ja, wir haben gewisse Verpflichtungen. Für manche werden wir bezahlt, weitere machen wir aus Überzeugung und andere machen wir, weil wir sie schon immer so gemacht haben. Es gibt auch Verpflichtungen, von denen wir nur glauben, dass es sie gibt. Oder wir wollen sie haben, damit wir glauben, weniger Handlungsspielraum zu haben.

Ein Ausweg: Zu unterscheiden ist, was man mal machen könnte und was man immer schon machen wollte. Wer wartet auf das, was man immer schon gemacht hat? Was würde passieren, wenn man es fortan nicht mehr oder anders macht?

 

„Ich bin ein guter Multitasker, ich mache das parallel und nutze die Zeit viel effizienter.“

Die Ausrede: Fragt man rum, wann Leute am Tag am besten arbeiten können, dann werden in der Regel die Zeiträume früh morgens oder spät abends genannt. Der Grund ist, dass es zu diesen Zeitpunkten keine Unterbrechungen gibt. Und doch gibt es Multitasker, die mit Unterbrechungen umgehen, unterschiedliche Themen parallel machen und in Summe viel mehr erledigen können. Stimmt das?

Ein Ausweg: Zahlreiche Studien belegen, dass es Multitasking nicht gibt. Unser Gehirn kann das nicht. Es kann nur schnell zwischen den Dingen hin-und-her wechseln, nicht aber parallel arbeiten. In einer Harvard Studie mit ausschließlich begabten und sogar einigen hochbegabten Studierenden fiel die Leistung der „Multitasker“ teilweise auf die von achtjährigen Kindern ab. In einer Studie der Stanford University waren die Nicht-Multitasker den selberernannten Multitaskern in ihren Ergebnissen klar überlegen, denn sie konnten relevante von nicht relevanten Informationen unterscheiden. Von den Studien mal abgesehen: So manches Multitasking während einer Unterhaltung ist einfach unhöflich und wenn man derweil weiterreden kann. Multitasking sollte man daher gar nicht erst versuchen. Sondern der Weisheit von Einstein folgen: „Erfolg = Arbeit + Muße + Mund halten“.

 

Warum den Ausweg nehmen, wenn es doch Ausreden gibt?

Der empfehlenswerte Artikel „Da pass etwas nicht“ stellt am Ende die Frage, was so schlimm daran ist, sich als gestresst zu bezeichnen, wenn man es gar nicht ist. Die Gefahr liegt in der Verselbstständigung der Gedanken. Talmud beschreibt die Wirkkette – die Wirkkette zu einer „selfulfilling prophecy“:

„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten. Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“

 

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