nachhaltig gefragt

Sieben Fragen an Santa Meyer-Nandi

Geschrieben von Matthias

Diesen Monat haben wir unsere sieben Fragen Santa Meyer-Nandi gestellt. Sie arbeitet als Nachhaltigkeitsberaterin und Behaviour Change Coach in Deutschland und Frankreich. Ich habe Santa kennen gelernt durch ihre Aktivitäten als Bloggerin bei FindingSustainia — Think & Action Lab . Ich kenne nicht viele Menschen, die so engagiert sind, ein nachhaltiges Leben zu führen. Aber lest selbst:

 

Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit?

Erst einmal bedeutet für mich Nachhaltigkeit das, was der Brundtlandt-Bericht als „dauerhaften Gleichgewichtszustand, der den Bedürfnissen der heutigen Generation“ entspricht „ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden“. Nachdem ich nun 10 Jahre mich für FindingSustainia stark mache, ist mir eine innere Dimension, die sich in innerem Gleichgewicht und Zufriedenheit ausdrückt, immer wichtiger geworden in der Nachhaltigkeits-Debatte. Denn wer sich im Gleichgewicht fühlt, kennt sich besser und weiss, wie er sich wirklich was Gutes tun kann und das sind in den seltensten Fällen emissionsintensive Güter oder Aktivitäten.

 

Was tust du um nachhaltiger zu leben und wie (auf einer Skala von 1-10) bewertest du deine bisherigen Bemühungen?

Aus dem hohlen Bauch würde ich mich als eine 8 einstufen. Ich lebe 90% vegan, konsumiere sehr verpackungsarm (Richtung Zero Waste) und lokal-betont, kaufe kaum Kleidung und wenn Second Hand und Unterwäsche und Strumpfhosen bio, private und berufliche Reisen begehe ich mit Bahn und manchmal Bus, ein Auto habe ich nie gehabt, Gadgets interessieren mich nicht, Stoffwindeln und –binden und Mooncups gibt’s bei uns auch…

 

Wo siehst du noch eigenes Verbesserungspotential und was sind deine nächsten Nachhaltigkeits-Ziele?

Ich bin in letzter Zeit immer wieder ganz schön gestresst als junge Mutter und da gönne ich mir doch immer wieder mal einen Restaurant- oder Cafe-Besuch und da befindet man sich in einer Blackbox. An diesem Stress möchte ich aber allgemein gerne mehr arbeiten, nicht (nur) wegen meiner gastronomischen Touren, sondern für mich und meine Umwelt. Meinen Kindern erlaube ich immer wieder, sich im Bioladen was auszusuchen, was mal eine Banane oder ein Riegel sein kann. Ich selber gönne mir gerne auch mal Schokolade oder einen Kaffee oder ein Sonntagsei (von wirklich glücklichen Hühnern – Poulehouse) – das ist mein Luxus, den ich sehr genieße.

 

Welchen Tipp hast du in Sachen nachhaltiger Lebensweise für unsere Leser?

Sieh „Nachhaltigkeit“ nicht als unerreichbare Bergspitze, sondern teile es in kleine Schritte auf. Vermeide den Auto-Piloten, ob im Konsum wie auch in Beziehungen. So wird dein Leben reicher und glücklicher. Und was ich ganz besonders wichtig finde: bashed einander nicht, akzeptiert die inneren Widersprüche (die eigenen wie auch die der Anderen), ohne sie zu beschönigen oder zu verdammen und dann räumt sie langsam und liebevoll ab. Ja, als SUV Fahrer kann man trotzdem versuchen, verpackungsfrei zu leben und als Viel-Flieger vegan leben. Man verändert Andere nicht, indem man ihnen ihre Widersprüche unangenehm aufzeigt, sondern eher indem wir uns bewusst machen, dass wir alle in einem Boot sind und wir uns alle noch ein bißchen stärker bemühen können.

 

Welchen Wunsch hättest du an die Politik?

Dass sie stärker mitzieht, dass sie negative externe Effekte auf die Umwelt und Menschen einpreist, sei es bei überflüssiger Verpackung wie auch Pestiziden in der Herstellung. Gleichzeitig halte ich auch viel von Inzentivierung, z.B. durch positive Besteuerung vorbildlicher Herstellungsweisen. Ich wünsche mir mehr weltweit ausgerufene Klimanotstände, Politiker in Elektro-Autos und Zügen, die bewusst und öffentlichwirksam Flugzeuge meiden. Und wenn wir schon dabei sind, wünsche ich mir, dass bereits unsere Kleinsten mit Nachhaltigkeit in Berührung kommen, sei es durch Schulfächer wie auch durch eine nachhaltige Kantine. Wenn es jemanden interessiert: hierzu habe ich bei den Klimaverhandlungen meine Gedanken in diesem Beitrag präsentieren dürfen, siehe http://findingsustainia.org/wordpress/wp-content/uploads/180508-Inner-Sustainability-for-climate-benefits_FindingSustainia_UNFCC.pdf

Und ich wünsche mir, dass die Politik auch Wert auf innere Aspekte und Wohlbefinden legt und zwar jenseits von GDP.

 

Welche Vorbilder, welches Vorbild hast du – und warum?

Ich bewundere viele Menschen: von Gandhi bis Greta bishin zu meiner Mama, die unermüdlich sich ihrer Arbeit als Hospiz-Schwester widmet und deren Großvater übrigens auch mit Gandhi in den Widerstand ging.

 

Welche Organisationen unterstützt du?

Ich unterstütze immer mal wieder Plant For the Planet, atmosfair und ganz konkret das Rolf Schoembs Vidyashram, einer Grundschule in meiner Herkunftsregion Indiens Bengalen. Dort werden Kinder aus dem Santali-Stamm unterrichtet. http://www.dorfentwicklung-indien.de/dorfarbeit/bildungsarbeit/grundschule-rsv/

 

Santa Meyer-Nandi – April 2019

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Titelbild by Matt Botsford on Unsplash