Jeden Freitag sehen wir Schüler und Studenten auf den Straßen, die für eine bessere Klimapolitik protestieren. Aber was ist mit jüngeren Kindern? Können diese auch schon für den Klimaschutz aktiv werden? Sie erwerben doch in den Kitas bereits grundlegende Kompetenzen für ihr Leben. Warum sollten zu diesen Kompetenzen nicht auch Fähigkeiten zählen, Klima- und Ressourcen zu schützen?
In der Tat ist das eine Frage, die ich mir schon seit vielen Jahren stelle. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich durch Zufall Meike von der S.O.F. Save Our Future – Umweltstiftung kennen lernen durfte. Die Hamburger Stiftung unterstützt Kitas mit der Bildungsinitiative KITA21 dabei, zu Lernorten für Umwelt- und Ressourcenschutz zu werden. Die Kinder erfahren dadurch bereits in frühen Jahren, warum eine nachhaltige Entwicklung wichtig ist und wie man dazu beitragen kann.
Hallo Meike,
Was ist KITA21 und wofür steht die 21?
Kurz gesagt ist KITA21 eine Bildungsinitiative, die zum Ziel hat, die ganze Kita für Klima- und Ressourcenschutz zu begeistern: das gesamte Personal, alle Kinder-Gruppen und auch alle Lern- und Wirtschaftsbereiche. Bedeutende Zukunftsthemen wie Ernährung, Wasser, Energie und nachhaltiger Konsum werden von den Beteiligten aktiv erforscht, woraus Veränderungen im Bewusstsein und im täglichen Verhalten entstehen. Wir haben KITA21 2008 gestartet und bis dato 800 pädagogische Fachkräfte aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen qualifiziert. Mehr als 22.000 Kinder haben die dann folgende Bildungsarbeit genossen. Außerdem zeichnen wir das Engagement der Kitas öffentlichkeitswirksam aus: 252 Kitas haben mittlerweile die Auszeichnung „KITA21“ erhalten. Die 21 lehnt sich übrigens an die Agenda21 an, zu deren Leitlinien vor allem nachhaltige Entwicklung zählt. Und dabei steht die 21 ganz einfach für das 21. Jahrhundert.
Auf welche Weise unterstützt ihr die Kitas?
Wir vermitteln dem Kita-Personal Hintergrundwissen, hilfreiche Methoden und Ideen für ihre tägliche Arbeit und stehen ihnen beratend zu Seite. Das bedeutet konkret, dass wir Leitungen und pädagogische Fachkräfte, aber auch Hauswirtschaftskräfte in Sachen Nachhaltigkeit in mehrtägigen Fortbildungen dafür fit machen, ihre Einrichtung zu einem Lernort für Nachhaltigkeit zu machen. Ein weiteres unserer Projekte, der„KLIMAfuchs“, geht noch einen Schritt weiter und berät Kitas, mit welchen technischen Maßnahmen man in der Einrichtung Energie einsparen kann. Da sind dann natürlich auch die Hausmeister und -Techniker gefragt.
Fangen wir ganz konkret an: Wie kann man sich den Unterschied zwischen einer KITA21 zu einer „normalen Kita“ vorstellen?
Wenn du eine KITA21 besuchst, könnten dir als erstes die vielen Fahrradanhänger und Kinderwagen auffallen, mit denen die Eltern ihre Kinder morgens bringen. Auf dem Gelände findest du vielleicht ein Hochbeet, in dem die Kinder Gemüse anbauen oder ein Insektenhotel an der Hauswand. Manche fangen das Regenwasser in großen Tonnen zum Gießen auf. Innerhalb der Kita wirst du sehen, dass es Leitungswasser statt gekauftem Sprudel gibt und dass in der Küche saisonal und regional, oft auch bio-fair gekocht wird. Natürlich vermeiden die Kitas Abfälle wo möglich und die Kinder wissen, wie man richtig trennt! Reststoffe werden zum Basteln recycelt, für die Schmutzwäsche gibt es waschbare Beutel statt Plastiktüten und die Eltern vermeiden Verpackungsabfall in der Frühstücksbox. Die Beispiele ließen sich auch im Bereich Beschaffung endlos fortführen.
Das Grundprinzip ist eigentlich ganz einfach: Die Kitas überlegen gemeinsam mit den Kindern, was sie mit Blick auf den Klima- und Ressourcenschutz im Alltag besser machen können und setzen dies um!
Wie arbeitet ihr diese Themen auf, so dass sie nicht zu komplex für die Kinder sind?
Das ist eine facettenreiche Frage, weil das sehr vom Alter abhängig ist. Bei den Krippenkindern geht es in erster Linie darum, den Kindern nachhaltiges Verhalten als Vorbild anzubieten. Wenn man Zweijährigen in einfachen Worten erklärt, warum Bioabfall auf den Kompost kommt oder dort mit ihnen Regenwürmer beobachtet, wollen sie mitmachen! Überhaupt ist Müll ein enorm spannendes Thema für Kinder in dem Alter, das man prima aufgreifen kann.
Kinder sind so begeisterungsfähig, sie wollen Verantwortung übernehmen und haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Viele Nachhaltigkeitsprinzipien braucht man ihnen gar nicht lange erklären, die verstehen sie intuitiv…
Und wie geht ihr bei älteren Kindern an die Projekte dran?
Die konkreten Projekte gestalten immer die Pädagoginnen und Pädagogen in den Kitas. Wir liefern ihnen in unseren Qualifizierungsangeboten das Rüstzeug dafür. Grundsätzlich raten wir immer, die Kinder so früh und so intensiv wie möglich einzubeziehen. Stichwort „Partizipation“. Das fängt bei der Themenfindung an und hört bei der Ergebnispräsentation auf. Wir müssen den Ideen und Gedanken der Kinder folgen und ihnen begleitend praktische Angebote machen, dann kann eigentlich nichts schief gehen. Die Handreichungen der S.O.F. bieten dabei einen Grundstock an Ideen für Bildungsarbeit für eine nachhaltige Entwicklung, die sich flexibel anwenden lassen.
Und denkst du den Kindern macht das in erster Linie Spaß oder sind sie auch interessiert an den Themen?
Das eine schließt das andere doch nicht aus, oder? Es ist sogar unser Anspruch, den Teilnehmenden unserer Workshops und Vernetzungstreffen zu vermitteln, dass nachhaltiges Handeln zweierlei ist: Absolut notwendig und oft auch spaßerfüllt. Bei einem Spielzeugtauschnachmittag beispielsweise tun Kinder und Eltern etwas Gutes für den Ressourcenschutz und haben dabei Spaß zusammen. Gleiches kann auch auf eine gemeinsame Müllsammelaktion zutreffen. Und dann müsstest du mal die leuchtenden Augen von Kindern sehen, wenn sie auf unserem Energieerlebnisfahrrad sitzen und erleben, dass sie mit ihrer eigenen Muskelkraft ein Radio zum Laufen bringen können…
Was sagen die Eltern dazu?
Die meisten verstehen schnell, dass eine nachhaltige Entwicklung für die Zukunft ihrer Kinder existenziell ist und unterstützen die Aktivitäten der Kita. An dieser Stelle ist entscheidend, wie die Eltern von der Kita „mitgenommen“ werden. Wer kann schon nein sagen, wenn der eigene Sohn oder die eigene Tochter mit einer Idee zur Müllvermeidung nach Hause kommt und ganz wild darauf ist, sie „Aber jetzt sofort!“ umzusetzen?
Wenn jetzt ein Kindergarten mitmachen möchte oder jemand eine entsprechende Weiterbildung bei euch machen will, welche Möglichkeiten gibt es da?
In Hamburg und ganz Schleswig-Holstein bieten wir regelmäßig Fortbildungen und Projekte an. Nach Absprache auch in anderen Regionen. Wir arbeiten mit Städten, Kommunen, Verbänden, Trägern und auch Unternehmen und Behörden zusammen, um Kitas Qualifizierungsmaßnahmen anbieten zu können und sind immer für neue Initiativen offen!
Informationen zu den Projekten und der S.O.F. gibt es unter
www.save-our-future.de
oder gerne auch im direkten Gespräch unter Telefon: 040 / 240 600
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