Privatpersonen Soziales

Was passiert mit Altkleidern? Interview mit Andreas Voget von FairWertung e. V.

Geschrieben von Leena

Wenn Altkleider im Container landen, weiß kaum jemand, was tatsächlich mit der Kleiderspende passiert. Nur ein Teil davon wird für Sozialprojekte verwendet, denn die Mengen sind schlichtweg zu groß und der Bedarf in Deutschland zu gering. Der Dachverband FairWertung e. V. ist ein bundesweites Netzwerk aus gemeinnützigen und kirchennahen Organisationen, der sich transparent und verantwortlich darum kümmert, dass die ausrangierte Kleidung nachhaltig verwendet wird. Dem Netzwerk gehören deutschlandweit über 110 Organisationen an, darunter diakonische Werke, Caritasverbände und Kolpingfamilien.

 

Interview mit Andreas Voget, Geschäftsführer von des Dachverbandes FairWertung e. V., über nachhaltiges und verantwortliches Handeln bei Textilproduktion, Kleiderkauf und Altkleidersammlungen.

 

Leena: Durch die Medienberichte über die Arbeitsbedingungen bei der Textilherstellung in Bangladesh kommt man als Verbraucher ins Grübeln. Gibt es Ihrer Meinung nach eine geteilte Verantwortung von Käufer, Unternehmen (Verkäufer) und Produzent?

Andreas Voget:

Als Zusammenschluss von gemeinnützigen Altkleidersammlern stehen wir ja eigentlich eher am anderen Ende der Kette. Aber auch wir haben uns vor 2 Jahren in unserem Magazin Brauchbar mit dem Thema ökofaire Bekleidung auseinandergesetzt. Wir sind der Meinung, dass entlang der gesamten Kette von Produktion der Rohstoffe bis zur Entsorgung der Bekleidung verantwortungsvolles Handeln wichtig ist. Wir versuchen, durch die FairWertung Standards wie Gemeinnützigkeit, Umweltschutz, wahrheitsgemäße

Information und Kontrolle für eine faire und transparente Altkleidersammlung unseren Teil dazu beizutragen.

 

Leena: Das Bangladesh-Abkommen, das einige deutsche Hersteller bereits unterschrieben haben, soll für bessere Verhältnisse sorgen. Was bringen solche Beschlüsse und welche Chancen oder Risiken sind damit verbunden?

Andreas Voget:

Dies ist sicher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Beschlüsse müssen aber nun wirksam umgesetzt, auf weitere Länder ausgeweitet und ihre Einhaltung kontrolliert werden. Zudem sollten internationale Standards in der Textilproduktion entwickelt werden.

 

Leena: In Deutschland sammeln sich pro Jahr 750.000 Tonnen Altkleider an. Welche Probleme ergeben sich dadurch und was geschieht mit den Kleider-Spenden?

Andreas Voget:

Per Hand wird die Kleidung aus den Containern nach Sorten und Qualität sortiert.

Es ist ein riesiger Berg an Altkleidern, der aus ganz unterschiedlichen Sorten und Qualitäten besteht. Diese Menge übersteigt den Bedarf für karitative und gemeinnützige Zwecke um ein Vielfaches. Daher müssen gemeinnützige Altkleidersammler Wege finden, die Überschüsse korrekt weiterverwerten zu lassen. Die Überschüsse werden daher an Textilsortierbetriebe verkauft. Die Erlöse fließen dann zurück in die gemeinnützige Arbeit der Sammler. In den Betrieben wird die Bekleidung per Hand in Sorten und Qualitäten sortiert. Die Stücke, die noch weitergetragen werden können, werden auf dem weltweiten Markt für Secondhand-Bekleidung verkauft. Textilien, die nicht mehr getragen werden können, werden z. B. zu Dachpappen oder Putzlappen recycelt. Etwa 10 Prozent müssen kostenpflichtig entsorgt werden.

 

Leena: Wie handelt FairWertung und wie wird Nachhaltigkeit umgesetzt?

Andreas Voget:

Wir haben bereits vor über zehn Jahren Standards für eine faire und transparente Altkleidersammlung entwickelt. Die uns angeschlossenen Organisationen verpflichten sich gegenüber dem Verein auf die Einhaltung dieser Standards. Wichtig war dabei vor allem, dass die weiteren Wege der gespendeten Bekleidung bekannt sind und alles nach hohen Umwelt- und Sozialstandards abläuft. Die Einhaltung dieser Standards wird von uns, der Geschäftsstelle, sowie externen Prüfern auch kontrolliert.

 

Die Altkleidung aus Deutschland wird in dankbare Hände weiterverkauft.

Leena: Oft hört man, dass Textilexporte in die Dritte Welt der Wirtschaft im Land schaden, weil die günstige Secondhand-Kleidung der ansässigen Textilindustrie schadet. FairWertung hat die Situation kritisch beurteilt: Zu welchem Schluss kommen Sie?

Andreas Voget:

Wir haben ein Dialogprogramm in Afrika durchgeführt, um dieser Frage nachzugehen. Die Ergebnisse haben wir auf unserer Internetseite veröffentlicht. Wir denken, dass beim Niedergang der afrikanischen Textilindustrie in den 1990er Jahren viele Faktoren eine Rolle gespielt haben. Dazu gehört die erzwungene Öffnung der Märkte für Neuware, das Verbot von Subventionen, politische Unsicherheiten sowie schwierige infrastrukturelle Bedingungen (Stromausfälle, fehlende Ersatzteile etc.). Die Menschen in Afrika haben uns auch immer wieder gesagt, dass Secondhand-Bekleidung für sie die beste Möglichkeit ist, sich mit qualitativ hochwertiger Kleidung auszustatten.

 

Leena: Welche Tipps können Sie Privatpersonen für den Kleiderkauf und das Recycling mit auf den Weg geben? Wie und wo kann ich meine gebrauchte Kleidung bei FairWertung abgeben?

Andreas Voget:

Wir alle sollten unseren Textilkonsum einmal hinterfragen: Sollte es immer das Neueste vom Neuen sein? Brauche ich wirklich schon wieder eine neue Hose? Und ist Geiz wirklich geil?

Denn ein Problem, was wir seit Jahren beobachten, ist, dass der Secondhand-Anteil in den Sammlungen immer weiter sinkt. Das hat sicherlich mit der Qualität unserer Textilien zu tun. Wer also beim Kauf auf Qualität achtet, der schont die Umwelt, denn das Bekleidungsstück kann höchstwahrscheinlich länger genutzt werden.

Wir vertreten über 110 gemeinnützige Organisationen, die bundesweit Altkleidersammlungen durchführen. Wer also für soziale Zwecke aussortierte Kleidung abgeben möchte, sollte auf unser Zeichen achten. Auf unserer Internetseite kann man per Standortabfrage den nächsten FW-Sammler erfragen.

 

Leena: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.

 

Artikelbild: morguefile.com

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