Also ich empfinde „Nachhaltigkeit“ meistens als Schönfärberei.
Viele verbinden mit dem Namen Weizsäcker erst einmal Richard von Weizsäcker, unseren ehemaligen Bundespräsidenten. Wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit oder Umwelt geht, ist sein Neffe, Ernst Ulrich von Weizsäcker jedoch der weitaus qualifiziertere Ansprechpartner.
Nachhaltigkeitspreise, Naturschutzpreise, der Deutsche Umweltpreis uvw. Sein Engagement in Sachen Umwelt wurde in der Vergangenheit mit einer Vielzahl an Preisen gewürdigt.
Er ist ständiges Mitglied im Club of Rome, war bis 2018 deren Co-President.
Um so mehr freut es uns, dass er sich sich die Zeit genommen hat auf unsere sieben Fragen zu antworten.
Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit?
Es ist ein Kompromisswort. Man redete über Umwelt. Das passte denen nicht, die in erster Linie über Wohlstand und Wirtschaft reden wollten. Dann kam als Zauberwort die „Nachhaltige Entwicklung“ heraus. Nachhaltig hieß soviel wie umweltfreundlich, Entwicklung hieß soviel wie Wirtschaftswachstum. Wenn ich das Wort höre, denke ich immer, dass die Wirtschaft viel stärkere Muskeln hat als die Umwelt. Also empfinde ich „Nachhaltigkeit“ meistens als Schönfärberei.
Was tust du um nachhaltiger zu leben und wie (auf einer Skala von 1-10) bewertest du deine bisherigen Bemühungen?
Wir leben in einem Haus, wo wir im Durchschnitt 5 Führerscheine aber nur ein Auto haben. Das ist ziemlich nachhaltig. Und wir beziehen die Lebensmittel hauptsächlich von Ökoläden, die die meisten Produkte von der Breisgauer Regionalwert AG bekommen. Das ist auch ziemlich nachhaltig. Aber wenn ich nach China oder Amerika muss, nehme ich das Flugzeug. Das ist nicht nachhaltig. Ich bewerte meine Bemühungen mit der Zahl 5.
Wo siehst du noch eigenes Verbesserungspotential und was sind deine nächsten Nachhaltigkeits-Ziele?
Telefonieren statt reisen, politisch dafür eintreten, dass bei allen Produkten die Preise einigermaßen die „ökologische Wahrheit sagen“.
Welchen Tipp hast du in Sachen nachhaltiger Lebensweise für unsere Leser?
Politisch wachsam sein. Ich verstehe, dass ihr immer über „Lebensweisen“ reden wollt. Das kann dazu führen, dass man die Schuld immer beim Einzelnen sucht und nicht bei den bescheuerten politischen Rahmenbedingungen, die um des Wirtschaftswachstums willen den Naturverbrauch immer schändlich billig machen und damit die ökologischen Lebensweisen in die eher lächerliche Ecke der idealistischen Romantik bugsieren.
Welchen Wunsch hättest du an die Politik?
Wie oben gesagt: dafür sorgen, dass die Preise halbwegs die ökologische Wahrheit sagen, also Ökosteuern rauf, Arbeitssteuern runter.
Welche Vorbilder, welches Vorbild hast du – und warum?
Greta Thunberg (Klimaschutz ist wichtiger als Schulbank drücken), Christian Hiss (hat im Breisgau die Regionalwert AG aufgebaut)
Welche Organisationen unterstützt du?
Greenpeace, Nabu, Club of Rome
Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker – März 2019
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Titelbild by Matt Botsford on Unsplash