Soziales

Baumwolle: Wie kann Mode so günstig sein?

Geschrieben von Leena

Die Jeans ist eine der beliebtesten Alltags-Hosen mit Kultstatus. Die Herstellung allerdings ist ein aufwändiger Prozess, dessen Einzelschritte in bis zu neun unterschiedlichen Ländern durchgeführt werden. Mit Bio-Kleidung, nachhaltiger Mode oder Fair Trade Kleidung hat dies allerdings selten etwas zu tun. Denn obwohl der beliebte Rohstoff Baumwolle als nachhaltig gilt, hat er starke ökologische und soziale Auswirkungen. Welche, das will ich hier kurz skizzieren.

Die Reise der Jeans beginnt auf den Baumwoll-Feldern in China, Indien oder Kasachstan. Zur Erntezeit werden die weißen Flocken großteils per Hand von Arbeitskräften gepflückt. Die Baumwolle wird gewaschen, gekämmt, geglättet, zu Garn gesponnen und eingefärbt. Der Stoff wird gewoben und veredelt, so ist er weicher und knittert weniger. Der Stoff wird nach Schnittmustern geteilt und gelangt in die Näherei. Aus rund 60 Einzelteilen, vom Reißverschluss bis zur Gürtelschlaufe, nähen die Arbeiterinnen in Einzelschritten eine Jeans zusammen. Je nach Modell wird die Hose anschließend mit Bimsstein gewaschen (stone-washed Effekt) oder mit Nieten, Schleifen und Bilddruck versehen. Ist sie fertig, folgt die Endkontrolle, danach wird die Hose verpackt und verschickt.

Im Laden kostet uns die Hose 100 Euro. Wie sich dieser Preis zusammensetzt, zeigt eine Aufrechung der Clean Cloth Campaign (CCC): Ein Prozent des Preises entfällt auf die Lohnkosten der Arbeiter. Also gerade einmal ein Euro für alle Tätigkeiten, vom Pflücken bis zum Nähen und modischen veredeln. 13% des Preises entfallen auf das Material und den Gewinn der Fabrik im Billiglohnland, 25% auf Werbung und Verwaltung, 11% auf Transport und Steuern. 50% und damit die Hälfte des Kaufpreises, verdient der Handel.

 

Kleidung: ökologische & soziale Auswirkungen

Wasserverbrauch

Baumwolle ist eine enorm durstige Pflanze und 60% der Felder müssen bewässert werden. Wasser ist in den Herstellerländern oft ein knappes Gut und es gibt selten Wasserspeicher. Also dienen Grundwasser und Flüsse als Quellen. Dieser Eingriff in den natürlichen Kreislauf bleibt nicht ohne Folgen: Die Grundwasserspiegel sinken, Trinkwasser wird rar und die konventionellen Bewässerungsmethoden führen zu einer Versalzung der Böden. Das führt so weit, dass einige Gebiete für die landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar geworden sind.

Pestizide und Düngung

Die Monokulturen der konventionellen Baumwollproduktion verlangen den starken Einsatz von Pestiziden und Düngern. Das hat nicht nur negative Effekte auf Flora und Fauna (Artensterben), sondern auch langfristige, gesundheitliche Folgen für die örtliche Bevölkerung. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich 20.000 Menschen an Pestizidvergiftungen, in betroffenen Regionen lassen sich Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen, Krebs und Missbildungen auf die Gifte zurückführen.

Wirtschaftliche Abhängigkeit

Die Übernutzung der Böden führt zu Produktionseinbußen und die steigenden Kosten für Pflanzenschutzmittel und gentechnisch verändertes Saatgut kosten die Bauern einen Großteil der Erlöse. Hinzu kommt, dass der Baumwollanbau in den USA und Europa subventioniert wird. So entsteht global eine Überproduktion und die Preise sinken, was die Lebenssituation der Bauern in den Entwicklungsländern zusätzlich erschwert.

Kinderarbeit

Nach Schätzungen von Unicef arbeiten etwa 90 Millionen Kinder weltweit in der Baumwollindustrie. Speziell in der Hochphase der Ernte werden Kinder beim Pflücken eingesetzt und sichern so die Versorgung der Familien. Auch in den Fabriken und Näherein ist Kinderarbeit immer noch verbreitet, nicht nur im Baumwoll-Sektor.

Schlechte Arbeitsbedingungen

14 Arbeitsstunden am Tag, unter gesundheitlichem Risiko und zu geringen Löhnen – die Zustände in den Fabriken und Nähereien der Billigmode-Produktion sind nicht mehr unbekannt. Spätestens seit dem Brand in der Textilfabrik in Pakistan 2012 und dem Einsturz der Fabrikhalle in Bangladesch 2013.

Chemikalien

Für kaum einen anderen Textil-Rohstoff werden so viele Chemikalien im Herstellungsprozess verwendet, wie für Baumwolle. Nicht nur beim Anbau, sondern auch beim Waschen, Färben, Drucken, Bleichen, Veredeln oder Konservieren. Sowohl der Einsatz als auch die Entsorgung der Stoffe bedeutet eine große gesundheitliche und ökologische Belastung. Dass die Umweltauflagen in Deutschland hier sehr hoch sind, ist wohl auch einer der Gründe dafür, warum die Produktion in Schwellen- bzw. Entwicklungsländer verlegt wird.

Trotz all dieser Aspekte sind damit längst nicht alle Auswirkungen abgedeckt. Die Komplexität ist enorm: Vom Energieverbrauch und den Emissionen bei der Düngemittelherstellung, Transport und Lagerung, den Verbraucher-Gewohnheiten beim Waschen bis hin zu Recycling, Entsorgung und dem Handel mit Altkleiderspenden.

 

Ist Bio-Baumwolle besser?

Die Zertifizierung „Bio-Baumwolle“ bezieht sich allein auf den ökologischen Anbau. Das bedeutet: Kein Einsatz von chemischen Pestiziden oder Düngern und keine gentechnisch veränderten Pflanzen. Dafür wachsen auf den Feldern statt Monokulturen unterschiedliche Pflanzenarten gleichzeitig. Dieses Vorgehen kommt sowohl der Artenvielfalt und der Bodenqualität zugute, als auch den Bauern selbst, die keinen chemischen Belastungen ausgesetzt sind.

Dennoch ist auch die Bio-Baumwolle durstig und will gegossen werden. Wie effektiv und ökologisch das geschieht, lässt sich für den Verbraucher kaum nachprüfen. So kann auch Bio-Baumwolle statt gezielter Tröpfchen-Bewässerung verschwenderisch durch Felder-Überschwemmung gegossen werden.

Das Bio-Siegel sagt außerdem nichts über die sozialen Standards aus, wie faire Löhne oder Verzicht auf Kinderarbeit. Auch die Weiterverarbeitung der Baumwolle bis hin zum fertigen Kleidungsstück ist bei diesem Label nicht einbezogen. Hier gelten für Ökologie und soziale Bedingungen eigene Siegel, etwa GOTS oder Fair Trade.

Hier zeigt sich, was häufig für Siegel gilt: Es werden nicht alle Aspekte abgedeckt und sicherlich gibt es hier auch Schwachstellen. Dennoch bedeutet ein solches Siegel in bestimmten Bereichen eine Verbesserung, mit der zumindest ein Teil der Verantwortung als Konsument übernommen werden kann.

 

Was können wir tun?

  • Der Kleidung eine lange Lebensdauer ermöglichen, denn das verbessert die Ökobilanz: Kleidung länger nutzen, bereits beim Kauf auf Qualität achten, nicht mehr getragene Kleidung tauschen, verkaufen oder verschenken und selbst auch Second Hand tragen.
  • Sich bewusst machen, dass bekannte Marken und teure Preise nichts über die Nachhaltigkeit des Kleidungsstücks aussagen!
  • Im Laden gezielt nach umweltfreundlichen und sozial gerechten Produkten fragen.
  • Beim Kauf auf Siegel achten, zum Beispiel Bio, Öko, kbA (aus kontrolliertem biologischen Anbau), Global Organic Textile Standard (GOTS), Blauer Engel, bluedesign, IVN, Best, Naturland, Öko-Tex, Fair Trade etc.
  • Bio-Baumwolle ist eine nachhaltigere Alternative zu herkömmlicher Baumwolle. Weitere Alternativen sind Bio-Hanf oder Bio-Leinen, deren Produktion lediglich ein Viertel der Wassermenge von Baumwolle benötigt.
  • Sich das Etikett und die Inhaltsstoffe ansehen. Es zeigt, welcher Rohstoff und wie viel Prozent davon aus ökologisch kontrolliertem Anbau stammen.
  • Kleidung mit dem Hinweis „bügelfrei“, „antibakteriell“ oder „Schmutz abweisend“ vermeiden, denn das bedeutet den Einsatz von gesundheits- und umweltbelastenden Chemikalen bei der Herstellung.
  • Überlegen, ob wir ein bestimmtes Kleidungsstück wirklich brauchen und nicht vielleicht besser darauf verzichten können.
  • Second Hand Kleidung kaufen oder Kleidung mit Freunden und Bekannten tauschen. Und selbst in Second Hand Läden einkaufen bzw. alte Kleidung upcyceln.
  • Kälter waschen: Wer nicht mehr die komplette Wäsche in den Trockner steckt und danach bügelt, verringert erheblich den ökologischen Fußabdruck. Auch die Temperatur des Waschvorgangs ist entscheidend: 40 statt 60 Grad reduzieren die CO2-Bilanz beim Waschen um 45%, bei 30 statt 40 Grad um 40%.
  • Uns über unsere Lieblingsmarken informieren und ggf. nach besseren Alternativen suchen.
  • Apps unterstützen beim Einkauf, wie etwa die kostenlose Nachhaltigkeits-Ampel von wegreen.de
  • Nachhaltige Marken und Geschäfte wählen, sowohl vor Ort als auch Online. Diverse Internetshops haben sich auf nachhaltige Mode spezialisiert, hier kann sogar nach einzelnen Kriterien gefiltert werden, wie „ressourcenschonend“, „fair und sozial“, „CO2-sparend“ oder „vegan“.

 

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Quellen:

Goldscheider, Stefanie (2016): Baumwolle und Naturtextilien. In: Online.

Nabu (2009): Die Baumwolle – Von Natur keine Spur. In: Online.

Schaus, Katharina (2013): Gutachten. Der Weg zu nachhaltiger Kleidung – Standards, Siegel und politische Rahmenbedingungen. In: Online.

Umweltinstitut (2014): Baumwolle Anbau. In: Online.

 

Artikelfoto: Carrie O’Brian, unspash.com