Soziales

Konfliktrohstoffe: Impact auf Mensch und Umwelt

Geschrieben von Leena

Unser Smartphone ist uns extrem wichtig. Wäre es weg, würden wir das sechs Mal schneller bemerken als das Fehlen unseres Geldbeutels. Es ist ein hochkomplexes Produkt mit einer sehr langen Lieferkette. Wie bei anderen elektronischen Geräten beginnt auch sie bei den Rohstoffen. Die stammen oft aus Entwicklungsländern und werden nicht umsonst als so genannte „Konfliktrohstoffe“ oder „Konfliktmineralien“ bezeichnet. Aber was bedeutet das?

Für die Produktion unserer Elektrogeräte braucht es viele Rohstoffe: Bis zu 60 unterschiedliche chemische Elemente und 30 Metalle stecken in einem Elektrogerät. Öl, Kupfer, Edelmetalle wie Gold und Silber sowie Seltene Erden. 1,5 Tonnen Rohmaterial werden benötigt, um einen Desktop PC herzustellen. Für ein Notebook sind es im Schnitt 0,5 Tonnen. Andere Schätzungen kommen auf 19 Tonnen Rohstoffe: Eingerechnet sind hier auch 1500 Liter Wasser, 22 Kilogramm chemische Stoffe und 240 Kilogramm fossile Energieträger. Die Rohstoffe sind begrenzt, begehrt und mitunter sehr teuer. Denn ohne sie funktionieren unsere Handys, Laptops, Kameras und Spielkonsolen nicht.

Soziale Missstände durch Konfliktrohstoffe

Die Rohstoffe stammen meist aus Entwicklungsländern, wo sie von billigen Arbeitskräften abgebaut werden. Die Arbeitsbedingungen in den Minen sind miserabel und die Löhne gering, Arbeitsschutz gibt es kaum, Unfälle sind an der Tagesordnung.

Mitunter werden Rohstoffe wie auch in Krisenregionen der Ditten Welt abgebaut. Zum Beispiel in der Demokratischen Republik Kongo. Die Region ist seit Jahrzehnten vom Bürgerkrieg erschüttert. Hier betreiben Rebellen die Minen, um mit dem Erlös ihre Kriegsführung zu finanzieren. Sklaverei gehört zum Geschäft. Auch Kinder sind involviert, als Soldaten oder Minenarbeiter. Und solange die Nachfrage aus dem Westen vorhanden ist, fließt das Geld durch die illegalen Minen. Das schürt die weitere Gier nach Rohstoffen und fördert Konflikte, nicht nur im eigenen Land sondern auch mit dem Nachbarn Ruanda.

Die Blutdiamanten der 90er Jahre sind heute Blutmineralien. Ihr Abbau geht mit einher mit Menschen- und Völkerrechtsverletzungen. Als sogenannte Konfliktrohstoffe gelten Coltan, Cassiterit (Zinnstein), Gold und Wolframit. Für die Produktion von Smartphones, Tablets oder Laptops sind sie unverzichtbar.

Regelungen für Konfliktmineralien

Seit 2010 gilt in den USA der Dodd-Frank Act, der den Umgang mit Konfliktmineralien gesetzlich regelt. Unternehmen müssen dabei offenlegen, ob die Rohstoffe im Produktionsprozess und im Produkt verwendet wurden. Nachgewiesen werden muss dann, ob die Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo oder den Nachbarländern stammen. Ist dies der Fall, stehen die Unternehmen unter einer Berichtspflicht, der für die US-Börsenaufsicht verfasst werden. Die Ergebnisse werden im Internet öffentlich zugänglich gemacht.

Auf EU-Ebene wurde 2014 ein Verordnungsentwurf zur freiwilligen Selbstzertifizierung von Importeuren für Konfliktmineralien vorgelegt. Diese sollte ein verantwortungsvolles Hütten und Raffinieren innerhalb der Lieferkette sicherstellen. Im Mai 2015 wurde dieser Vorschlag gekippt. Das Parlament fordert eine verbindliche und nicht nur freiwillige Einhaltung der Sorgfaltspflicht.

Neben diesen rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es auch diverse freiwillige Initiativen für eine nachhaltige und konfliktfreie Ressourcenverwendung, denen sich Unternehmen anschließen können, zum Beispiel die OECD-Leitline.

Das Rohstofflager Natur

Der Rohstoffabbau hat häufig nicht nur soziale Missstände zur Folge, sondern belastet auch die Umwelt. Das reicht von der Abholzung der Regenwälder bis zur Belastung des Trink- und Grundwassers durch Schadstoffe und Schwermetalle. Der Impact auf Mensch und Natur, der bei der Rohstoffgewinnung beginnt, setzt sich im Produktionsprozess und den Millionen Tonnen Elektroschrott fort. Und hier schließt sich der Kreis: 86 Millionen alte Handys horten die Deutschen zu Hause. Ein Sachwert von 65 Millionen Euro und ein wahres Rohstofflager.

Laut einer Untersuchung von Greenpeace aus dem Jahr 2014 gibt es bei den Elektronik-Unternehmen einige Beispiele, die bereits sehr gute Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit gemacht haben. Etwa die Vermeidung von Mineralien aus Konfliktgebieten oder Holz aus illegaler Abholzung sowie die Wiederverwendung von Kunststoffen ihrer Produkte. Nachhaltig seien die meisten Elektronik-Modelle jedoch nicht.

Für die Branche ist die Komplexität des Herstellungsprozesses die größte Hürde bei diesem Thema. Die Lieferketten sind lang und unübersichtlich. Hier bei jedem Produktionsschritt entsprechende Qualitätskontrollen und Transparenz zu implementieren, sowie deren Überprüfung durch unabhängige Institutionen, ist ein langer Weg. Selbst für Vorzeigeprodukte wie das Fairphone gilt: Ein 100% faires Smartphone ist derzeit nicht möglich und mit dem Weltfrieden gleichzusetzen.

Praktische Tipps für mehr Nachhaltigkeit: Was kann man tun?

  • Den Geräten einen lange Lebenszeit ermöglichen. Das neuste Modell? Ein brandneues Produkt? Das muss nicht sein. Auch Second-Hand Geräte dienen dem Zeck. Auch durch Reparatur lassen sich alte Geräte noch weiter verwenden. Elektrogeräte, die man nicht mehr braucht, sollten verkauft oder weitergegeben werden.
  • Vor dem Kauf prüfen, ob das Gerät auch wirklich dem eigenen Bedarf entspricht. Kann es all das, was man von ihm erwartet? Wird es die eigenen Ansprüche auch in den kommenden Jahren noch erfüllen? Bedeutet der Kauf einen Folgekauf weiterer Produkte? Werden wir das Gerät auch wirklich häufig genug verwenden?
  • Leihen oder Teilen statt kaufen: Produkte, die wir nicht häufig verwenden werden, können wir auch von Freunden oder über Online-Zirkel ausleihen oder teilen. Das betrifft besonders Spezialgeräte (Garten, Heimwerken, etc.), die gut im Freundeskreis herumgereicht werden können. So sind die Geräte besser ausgelastet und die Zahl an (Neu)Käufen wurde reduziert.
  • Testergebnisse und Marken recherchieren: Gerade bei großen Marken und deren Produkten gibt es auch von unabhängigen Organisationen Bewertungen zur Nachhaltigkeit, z. B. von Greenpeace. Auch die Unternehmensethik beim Umgang mit der Rohstoffgewinnung lässt sich im Internet gut recherchieren. Grüne Einkaufsportale oder Marken-Rankings unterstützen die Entscheidung.
  • Bei der Produktwahl auf Labels und Zertifikate achten: Blauer Engel, TCO Label, das Europäische Umweltzeichen, EPEAT, Energy Star. Die Energieeffizienz bei der Nutzung im Haushalt spielt auch eine Rolle.
  • Vor dem Kauf auf Qualität und Langlebigkeit achten.
  • Beim Kauf auf Reparaturfreundlichkeit achten. Lässt sich ein Produkt nicht öffnen oder der Akku nicht auswechseln (bei elektrischen Zahnbürsten, Tablets etc.), sollte man nach alternativen Produkten recherchieren.
  • Auf Gewährleistung und Garantie achten. Und darauf, wie aufwändig bzw. einfach dieser Prozess gestaltet ist.
  • Richtig Recyceln: Elektrogeräte gehören nicht in den Hausmüll! Ausgediente Geräte, die auch nicht mehr zur Weitergabe taugen, sollten bei der örtlichen Wertstoffsammelstelle abgegeben werden. Das sichert eine fachgerechte Entsorgung. Auch Elektrofachmärkte müssen Altgeräte zurücknehmen. Außerdem kann man nachsehen, ob der Hersteller selbst das alte Gerät zurücknimmt, um es im eigenen Recyclingprozess wiederzuverwerten.
  • Das „grünste“ Gerät ist das Gerät, das nicht gekauft wird!

 

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28 grüne Apps für den AlltagHier können Sie die Liste ansehen.

Interview mit Joe Mier von FairPhone: Wie nachhaltig kann ein Smartphone sein? Hier geht es zum Artikel.

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Artikelfoto: Julien Harneis; Wolframit-Abbau in Kailo, Demokratische Republik Kongo (Online)

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