Das Label „HOLZ VON HIER“ fördert seit 2012 regionale und klimafreundliche Holzproduktion und Holzverarbeitung. Die gleichnamige gemeinnützige Organisation setzt sich damit für regionale Kreisläufe ein, für Klimaschutz, Biodiversität und die Schonung von Ressourcen. Wir haben mit Gabriele Bruckner, CEO bei der HOLZ VON HIER gemeinnützige GmbH, gesprochen.
Leena: Ich habe gelesen, dass Produkte aus „heimischem Holz“ nicht automatisch aus deutschen Hölzern gemacht sind. Stimmt das?
Gabriele: Ja. Alle Hölzer, die bei uns heimisch sind, also bei uns wachsen, können ebenso aus Import stammen. Dies ist auch bei den meisten Baumarten zu einem hohen Anteil der Fall.
Was macht das Label „HOLZ VON HIER“ aus?
Die Transporte von Holz entlang der Verarbeitungskette vom Wald an bis zum fertigen Produkt verursachen CO2-Emissionen. Diese transportbedingten Emissionen haben den maßgeblichen Anteil an der gesamten Ökobilanz von Holzprodukten. Je geringer die Transportwege sind, umso besser die Ökobilanz. Dabei muss man die Transporte von Wald bis zum fertigen Produkt beachten und nicht nur den letzten Verarbeitungsschritt oder ob der Händler oder verarbeitende Betrieb seinen Firmensitz bei Ihnen in der Nähe hat. Dabei sieht man Holz ja aber nicht an, wie weit es transportiert worden ist.
Aus diesem Grund wurde HOLZ VON HIER entwickelt. Es kennzeichnet Holzprodukte mit besonders kurzen Prozessketten, von der Waldstraße an bis zum fertigen Produkt und sogar bis zu Einbau in ein Gebäude.
Aus diesem Grund wurde HOLZ VON HIER entwickelt. Es kennzeichnet Holzprodukte mit besonders kurzen Prozessketten, von der Waldstraße an bis zum fertigen Produkt und sogar bis zu Einbau in ein Gebäude. Zudem muss alles Holz für ein HOLZ VON HIER Produkt aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammen.
Was unterscheidet es von den üblichen Labeln FSC und PEFC?
PEFC und FSC sind globale Waldlabel aber keine Klimalabel. Sie kennzeichnen Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft, was wichtig ist, gerade wenn es Tropenholz ist oder Holz aus borealen Urwäldern. Oder wenn das Holz aus Regionen der Welt kommt, wo es keine gesetzlich verankerte nachhaltige Waldwirtschaft gibt, anders als z.B. in Deutschland. Dabei muss man unterscheiden zwischen den sogenannten Forst-Management Zertifikaten für das Rundholz aus dem Wald (FM Zertifikate) und den Chain of Custody Zertifikaten für die Produkte (CoC Zertifikate). Produkte FSC und PEFC Zertifikaten können aber um den halben Erdball transportiert worden sein, was wiederum mit Klimaschutz nichts zu tun hat.
HOLZ VON HIER ist ein CoC Zertifikat und fordert für das Rundholz Nachweise für die nachhaltige Waldwirtschaft als FM-Zertifikate nach FSC, PEFC oder vergleichbar. Die klima- und umweltfreundlichen kurzen Wege in der Verarbeitungskette weist HOLZ VON HIER über die eigene Kontrollkette nach.
Damit hat Holz mit eurem Label kurze Transportwege bei allen Verarbeitungsschritten, zwischen 50 Kilometern für Brennholz bis maximal 350 Kilometer für z. B. Thermoholz für die Terrasse. Welche anderen Produkte kann man mit HOLZ VON HIER Label bekommen?
Dies betrifft eigentlich alle Holzprodukte, vom Bauholz und Holz für Möbel und Innenausbau über Gartenholz und Energieholz bis hin zu Papier.
Wie stellt ihr sicher, dass das Holz der Produkte wirklich aus der Region kommt?
HOLZ VON HIER erfasst die Warenströme über ein elektronisches Kontrollsystem. Jeder Betrieb, der das Label nutzen will, muss bei diesem System registriert sein. Das System prüft über Warenbuchungen die Kriterien (Entfernung und Mengenbilanz) ab und generiert bei Übereinstimmung eine produktspezifische Urkunde. Ein Betrieb kann dabei nur so viele Holzprodukte mit einem Zertifikat belegen und vermarkten, wie er zuvor den dafür notwendigen Rohstoff auch ‚von Hier‘ eingekauft hat.
Habt ihr ein Beispiel, wo HOLZ VON HIER eingesetzt wurde und wie?
Ein schönes Beispiel ist der Fall eines 5-stöckigen Schülerwohnheims in reiner Holzbauweise. Hier ist die gesamte Konstruktion, die Fenster, Fußböden und die Türen aus Holz von hier. Aber es gibt noch viele andere bestehende Beispiele, vor allem öffentlicher Gebäude. Beispielsweise zwei Turnhallen, die mit großem Engagement der Entscheider aber auch der Bürger vor Ort errichtet wurden. Eine Halle hat sogar einen europäischen Preis gewonnen. Mehr Beispiele finden sich auf der HOLZ VON HIER Webseite.
Ich war neulich in Mittelfranken und es ist erschreckend, wie der Wald dort stirbt. Trockenheit und Schädlinge setzen den Kiefern stark zu. Welche Auswirkungen hat das auf den heimischen Holzmarkt?
Ja, das ist aktuell wirklich ein Problem. Das Problem erhöht natürlich den Druck auf den Holzmarkt allgemein. Dies hindert aber nicht daran, Kreisläufe regional zu schließen, da sehr hohe Mengen des gleichen Holzsortiments (z.B. Rundholz, Schnittholz, Platten, Pellets oder anderes) sowohl exportiert als auch importiert werden. Hier überlappen sich die Warenströme, sodass ein hoher Anteil quantitativ vermeidbar wäre, wenn man Kreisläufe schließt.
Es wäre aber falsch zu denken, dass es bald kein regionales Holz aus dem Wald mehr gibt. Holz ist nach wie vor unsere nachhaltigste Ressource. Generell muss man auch sagen, die Betriebe und Verantwortlichen unserer heimischen Forstwirtschaft und Holzwirtschaft sind zäh und mutig und haben immer wieder Wege aus Krisen gefunden.
Wir alle aber sollten dabei nicht vergessen, dass dies alles Folgen des Klimawandels sind, dessen Auswirkungen auch wir hier in Europa zu spüren bekommen. Daher sollten wir alle stärker denn je daran arbeiten, diesen abzubremsen. Jeder/Jede kann hier etwas tun und alles hängt zusammen. Man sollte nicht meinen „ach, das Wenige was ich ausrichten kann, das zählt doch nicht“. Nein, jede Handlung für den Klimaschutz und jede einzelne Kaufentscheidung für oder gegen klimafreundliche Produkte hat ihre Wirkung. „Klimaschutz heute, denn Scheitern ist keine Option!“
Wie kann man das Holz von hier langfristig sichern — trotz Klimawandel, Borkenkäfer und Schwammspinner?
Holz wird es in unseren Wäldern immer geben, denn sie sind schon per Gesetz nachhaltig bewirtschaftet, ganz anders als in anderen Teilen der Erde. Wahrscheinlich verändert sich die Zusammensetzung unserer Wälder langfristig, aber Holz wird immer einer unserer wichtigsten Rohstoffe bleiben.
Gerade jetzt ist es aber umso wichtiger, gezielter zu handeln und immer mehr auf Produkte der kurzen Wege zu setzen. Dass Produkte um den halben Erdball gekarrt werden, die es genauso auch zu Hause vor der Haustüre gibt, ist aus Klimaschutzsicht unsinnig.
Gerade bei Holzprodukten kann man die Wege in den Verarbeitungsketten optimal verkürzen, bei vielen anderen Produkten geht das gar nicht so einfach.
Was können wir Verbraucher*innen aktiv tun?
- Achten Sie auf die kurzen Wege bei allen Produkten, aber vor allem bei Holzprodukten jeder Art.
- Entdecken Sie die Vielfalt und Schönheit heimischer Hölzer, die mit jedem Tropenholz mithalten können.
- Achten Sie auch bei potentiell heimischen Hölzern immer auf den Herkunftsnachweis HOLZ VON HIER. Fichte aus Sibirien, Ahorn aus Kanada, Pellets aus Russland, Papier und Schulbücher aus China? Produkten sieht man die Herkunft nicht an, deshalb sind Nachweise wie unser Zertifikat so wichtig.
- Am besten fragen Sie beim nächsten Kauf eines Holzproduktes nach einem Zertifikat HOLZ VON HIER. Erzählen Sie in ihrem Bekanntenkreis davon. Falls Sie ein Haus bauen, neue Fenster einbauen, eine Terrasse verlegen oder neue Möbel kaufen, wünschen Sie sich ein HOLZ VON HIER Zertifikat von Ihrem Betrieb oder dem Händler oder Geschäft, bei dem Sie einkaufen. Nur mit Unterstützung Ihrer Nachfrage setzen die Hersteller immer mehr auf kurze Wege.
- Wichtig wäre auch bei Energieholz oder Papier, Flyern und Broschüren nach einem HOLZ VON HIER Zertifikat zu fragen. Auch deshalb, weil wir mit diesen Sortimenten aktuell starten und nur so Druckereien, Verlage und Händler Produkte mit HOLZ VON HIER Zertifikat in ihre Sortimente aufnehmen. Und gerade bei eher kurzlebigen Produkten wie Energieholz und Papier sind die kurzen Wege besonders relevant für die Klimabilanz. „Klimaneutral“ ist Heizen mit Pellets und ein Flyer vor allem dann, wenn es Pellets und Papier mit kurzem Weg sind.
Vielen Dank für das Interview.
Artikelfoto: unsplash.com / Ugo °