Lebensweise

Schwarze Schafe im grünen Fell (Teil 1)

Geschrieben von Matthias

„Oh, ein Kugelschreiber aus Holz.“ Ich war begeistert.

Klar, man kann bei einem Kugelschreiber auch die Mienen ersetzen und ihn so quasi unendlich oft nutzen, aber die Tatsache, dass man die Kunststoffhülle durch eine aus Holz ersetzt hatte, fand ich irgendwie sympathisch.

Und schon war ich in die Falle getappt!

Eine Angewohnheit, die viele Menschen in meinem Umfeld nicht besonders schätzen, ich baue aus Neugier nahezu alle Gegenstände auseinander. So auch diesen Kugelschreiber. Und was sehe ich da. Unter der Holzfassade, die althergebrachte Kunststoffbehausung der Miene.

„Nachhaltigkeit ist das neue Premium!“ habe ich neulich in einer Zeitschrift gelesen und tatsächlich scheint das Thema in Zeiten von Fridays for Future in der breiten Öffentlich angekommen zu sein. Mit wirklich zukunftsfähigen Produkten und Ideen, schwemmen natürlich auch einige schwarze Schafe auf den Markt, die sich unter grünem Pelz verstecken. Sie versprechen dem Verbraucher ein gutes Gewissen und suggerieren Umweltbewusstsein. Dieses Versprechen können sie aber bei genauerem Hinsehen nur selten einhalten.

In einem zweiteiligen Artikel haben wir daher einmal genauer hingesehen:

Teil 1:

  • Papiertüten für Obst und Gemüse
  • Kompostierbare Verpackungen / Bioplastik

Teil 2:

  • Ökostrom Anbieter
  • Klimaneutralität

Papiertüten für Obst und Gemüse

Im ersten Teil halten wir uns vornehmlich im Supermarkt auf und finden uns erst einmal in der Obst- und Gemüseabteilung wieder. Hier bieten einige Märkte die Möglichkeit, das Obst statt in einer Kunststofftüte, in einer Tüte aus Papier zu verpacken. Über Plastiktüten muss an dieser Stelle sicher kein Wort verloren werden. Sie sind zu Recht stark in Verruf geraten. Aus diesem Grund- und weil die Papiertüte meist auch entsprechend ökologisch angepriesen wird, würde man im ersten Moment sicher sagen, dass eine Papiertüte in jeder Hinsicht umweltfreundlicher ist, als die Variante aus Plastik.

Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Unter Berücksichtigung diverser Gesichtspunkte, ist die Papiertüte keinen Deut besser, als ihr Pendant aus Kunststoff. Zumindest nicht, wenn man von einer einmaligen Verwendung und einer anschließenden ordnungsgemäßen Entsorgung im gelben Sack oder der blauen Tonne ausgeht*. Das hat vor Allem folgende Gründe:

  • Die Herstellung einer Papiertüte benötigt fast doppelt so viel Energie, wie die einer Plastiktüte. Hieraus resultiert eine höhere Co2 Belastung** und höhere Belastungen von Luft und Wasser durch Stickoxide, Schwefeldioxide und andere Chemikalien
  • Um die Papiertüte strapazierfähiger und reißfest zu machen, wird sie entsprechend schwerer, was beim Transport wiederum einen höheren Co2 Ausstoß bedeutet

Verwendet man die Tüte mehrfach, holt die Papiertüte auf und wird ökologischer als die Plastiktüte. Gerade beim Obst landet die Tüte im Normalfall jedoch nach einmaliger Nutzung in der Tonne.

Kompostierbare Verpackungen / Bioplastik

Das Tüten Dilemma bringt uns auch gleich zu Punkt 2 dieses Artikels. Wenn Papier nun nicht besser ist als die gewöhnliche Plastiktüte, was wäre denn dann mit Bioplastik? Dieser ist doch immerhin kompostierbar, wird also selbst dann abgebaut, wenn er nicht ordnungsgemäß entsorgt wird.

Das stimmt nur halb, denn um sich Bioplastik nennen zu dürfen, muss der Kunststoff entweder aus biologischen Rohstoffen hergestellt worden oder biologisch abbaubar sein. Also schon mal nicht zwangsläufig beides.

Ist die Tüte (gilt für jedweder Produkt aus Bioplastik) jedoch kompostierbar, so sollte sich das Material laut Norm innerhalb von zwölf Wochen zu mindestens 90 Prozent zersetzt haben. Moderne Kompostieranlagen haben allerdings eine wesentlich kürzere Verweildauer der Materialien, so dass es nicht bis zur vollständigen Zersetzung kommen kann. Außerdem zersetzen sich die Tüten nur unter idealen Bedingungen, die außer im Labor selten vorherrschen. Zu Hause im eigenen Komposter dauert dieser Prozess also wesentlich länger und macht das Kompostieren dieser Tüten nahezu unmöglich. In Realität werden diese Tüten daher in der Müllverbrennung entsorgt.

Landen die Bioplastiktüten im Meer, brauchen sie zum Zersetzen sogar ebenso lange wie herkömmliche Tüten, sind also genauso schädlich und gefährlich.

Zusätzlich muss beachtet werden, dass nicht kompostierbare Tüten aus biologischen Rohstoffen häufig aus Mais hergestellt. Dies führt zu einer weiteren Vermaisung der Landschaften und den damit verbundenen bekannten Problemen.

Fazit:

Weder Papier- noch Bioplastik-Tüten sind eine wirkliche Alternative zu den Kunststofftüten im Supermarkt. Grundsätzlich gilt auch hier wieder:

Einweg-Produkte sind nicht gut für die Umwelt!

Lieber die eigenen Hände zum Transport nutzen, den Rucksack oder die eigene Bio Baumwolltüte. Obst und Gemüse können auch in mitgebrachten Netzen zur Kasse und dann nach Hause transportiert werden. Funktioniert super!

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* entsorgt man seine unbeschichtete Papiertüte auf dem Kompost wird die Rechnung für die Papiertüte natürlich wesentlich besser als für die Plastiktüte. (berechtigter Hinweis von Leser Bernhard Seckinger

** diese Aussage ist maßgeblich abhängig von der genutzten Energieform. D.h. ob die Energie aus Kohle, Atom oder erneuerbaren Energien gewonnen wird.

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