Natur

Eine Hand voll Dreck

Geschrieben von Matthias

Sucht man im Internet oder Duden nach der Bedeutung des Wortes Dreck, so findet man einige Synonyme. “Kleinigkeit“, “Schmutz“, “Abfall“, “minderwertiges oder wertloses Zeug“. Und manch einer spricht bei entsprechender Gegebenheit auch vom Dreck an den Schuhen. Dabei ist der Dreck an den Schuhen in den meisten Fällen Boden und eben dieser ist alles andere als minderwertig und wertlos, oder gar eine Kleinigkeit, auch wenn er meist als solches behandelt oder wahrgenommen wird. Ist der Boden vielleicht also gar kein Dreck?

Was ist Boden?

Der Boden (von ahd. bodam), umgangssprachlich auch Erde oder Erdreich genannt, ist der oberste, im Regelfall belebte Teil der Erdkruste.“

Auszug Wikipedia

Nur ist der Boden nicht eben nur der „im Regelfall belebte Teil der Erdkruste“, er ist auch die Lebensgrundlage für den belebten Teil oberhalb eben dieser. Er dient nicht nur als Lebensraum von Millionen essentiell wichtiger Bodenbewohner, er bildet auch die Grundlage unserer Ernährung, filtert Schadstoffe und schützt das Grundwasser. Ohne Boden wäre kein Leben außerhalb der Gewässer denkbar.

Nicht zuletzt trägt der Boden zum Klimaschutz bei und ist nach den Ozeanen der größte Speicher für Kohlendioxid auf der Erde. Jedoch trägt er gleichermaßen zum Klima bei, wie er von diesem tangiert wird. Wissenschaftler sind sich aktuell nicht einig, ob sich der Boden infolge der Erderwärmung zukünftig nicht sogar negativ auf das Klima auswirken könnte, indem er mehr an Kohlenstoffdioxid abgibt, als er speichert.

Wo kommt er her?

„Gut Ding braucht Weile“ – So braucht es vor allem Zeit, damit aus Gestein Boden werden kann. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Das Klima, Tiere und Pflanzen, Wasser und eine enorme Menge an Kleinstlebewesen. Um einen Zentimeter fruchtbare Bodenschicht zu erzeugen, kann es zwischen 100 und 300 Jahren dauern. Das, was wir heute als Boden vorfinden und zumeist wenig Beachtung schenken, hat Jahrtausende oder Jahrmillionen gebraucht, um zu entstehen.

Wo geht er hin?

Man solle „bloß nicht den Boden unter unseren Füßen verlieren“, so eine beliebte Redewendung. Doch bereits ein einziger Starkregen kann unter Umständen die über hunderte von Jahren entstandene Bodenschicht zunichtemachen, wenn die Bodenschichten durch fehlende Vegetation oder landwirtschaftlichen Umbruch ungeschützt weggespült werden können.

Doch nicht nur durch Erosionen, sondern auch durch Verschmutzung und Versiegelung geht Boden verloren. Trotz sinkender Bevölkerungszahl werden in Deutschland ununterbrochen naturbelassene Flächen durch Siedlungs- oder Verkehrsprojekte versiegelt. Und auch im privaten Bereich, auf dem Land, ist in den meisten Fällen der einstmals nahezu bei jedem Haus vorhandene Nutzgarten einer Doppelgarage gewichen. Der versiegelte Boden ist dadurch dem Kreislauf der Bodenbildung entzogen und kann weder zur Grundwasserreinigung, noch zum Pflanzenwachstum genutzt werden.

Zusätzlich wird der Boden durch Überdüngung belastet und den sogenannten Pflanzenschutzmitteln. Wobei hier der Begriff Pflanzenschutz eine recht selektive Bedeutung hat und es sich hierbei definitiv nicht um Bodenschutzmittel handelt. Im schlimmsten Fall werden zusätzlich unvorstellbar große Bodenflächen durch Umweltkatastrophen mit Ölen, Umweltgiften und Radioaktivität kontaminiert.

Ein weiteres Problem stellt die Desertifikation dar, was die Umwandlung von zuvor fruchtbarem Land in Wüste beschreibt. Durch dieses Phänomen geht jedes Jahr eine Fläche von der Größe Irlands verloren. Und auch dies geschieht maßgeblich durch menschliches Handeln, durch Übernutzung der Bodenflächen und den Klimawandel.

Wie können wir den Boden schützen?

Auch wenn der Bodenschutz eine globale Aufgabe ist und die Politik wichtige Grundsätze zum Schutz der Böden auf den Weg bringen muss, so kann jeder selbst etwas tun.

Erst einmal müssen wir den Boden zu schätzen lernen und unser Handeln in Kreisläufen verstehen.

Die in den vergangenen Monaten beispielsweise in den Medien oftmals thematisierte Nitratbelastung im Grundwasser oder der Nachweis von Glyphosat in der Muttermilch kommen nicht von ungefähr und finden ihren Weg in den Kreislauf durch den Boden, verursacht durch den Menschen.

Chemische Pflanzenschutzmittel oder Dünger sind ersetzbar durch ökologische Alternativen. Im privaten Bereich dient der eigene Kompost beispielsweise gleichermaßen zur Müll-Reduzierung und als natürliche Düngung für den Garten. Unzählige Bodenlebewesen helfen gerne dabei, den organischen Abfall in nährstoffreichem Humus zu verwandeln. Vielleicht bietet sich auch die Gelegenheit, selbst oder mit anderen zusammen einen Naturgarten anzulegen.

Doch auch Reinigungsmittel bei der Autopflege, Öle oder Chemikalien dürfen nicht in den Boden gelangen. Schadstoffhaltige Abfälle (Autobatterien, Farben, Lacke) oder schadstoffhaltige Abwässer müssen ordnungsgemäß entsorgt werden.

Auch die Flächenversiegelung kann vermieden werden. Viele von uns mögen das Bild kennen, am Anfang einer jeden Folge der TV-Sendung “Löwenzahn“, in der der Löwenzahn sich den Weg durch eine asphaltierte Fläche bahnt. Wie es den Pflanzen durch unsere unzähligen großflächig asphaltierten Flächen schwer fällt an Licht und Wasser zu gelangen, so schwer hat es das Wasser oftmals zu versickern. So suchen sich die Wassermassen bei zunehmenden Starkregenereignissen immer häufiger einen alternativen Weg in das nächstgelegene Gewässer. Dieses Problem haben viele Städte bereits erkannt und bieten beispielsweise finanzielle Zuschüsse zur Förderung von begrünten Dachflächen, die einen gewissen Teil des Niederschlags speichern sollen und zudem die Temperatur in der Stadt reduzieren. Außerdem können asphaltierte Zuwege oder Parkflächen mit Rasengittersteinen entsiegelt werden.

Die wirkungsvollste aller Maßnahmen gegen die Flächenversiegelung, bleibt jedoch die Vermeidung eben dieser. So legt der Autor Daniel Fuhrhop in seinem Buch “Verbietet das Bauen!“ Möglichkeiten nahe, den Neubau überflüssig zu machen.

Auch die eigene Ernährung kann einen Effekt auf den Boden haben. Zum Beispiel durch weniger Fleischkonsum. 2014 veröffentlichte der WWF eine Publikation mit dem treffenden Titel „Fleisch frisst Land“ in dem der Zusammenhang zwischen Soja-Anbau, der damit oftmals verbundenen Urwald-Rodung und der Flächenübernutzung in Korrelation zum Fleisch-Konsum gebracht wird. Wenn man bedenkt, dass die Landwirtschaft fast die Hälfte der Flächen in Deutschland nutzt, so wird einem die besondere Bedeutung bewusst, die die eigne Ernährung auf den Boden und die damit wirtschaftende Landwirtschaft hat.

Wasser, Luft – BODEN!

Es gibt sicher unzählige weitere Möglichkeiten, den Boden zu schützen oder ihn im besten Fall erst gar nicht zu gefährden. In jedem Fall müssen wir lernen, den Boden als Lebensgrundlage zu würdigen, Prozesse in Zusammenhängen und Kreisläufen zu denken, und bestehende Strukturen zu hinterfragen.

Bevor wir also das nächste Mal den Boden „mit Füßen treten“, den Garten düngen, Salz im Winter streuen, Lebensmittel kaufen oder einen Schluck Wasser trinken, sollten wir an die „Hand voll Dreck denken“, in der mehr Lebewesen leben als Menschen auf der Erde und die uns dieses Leben als solches überhaupt erst ermöglicht.

 

Artikelbild: Forrest Cavale, unsplash.com