Tierschutz

Lichtverschmutzung – Wenn der Mensch die Nacht zum Tag macht

Geschrieben von Matthias

Bestimmt hat jeder von euch schon einmal von der ein oder anderen Art der Wasserverschmutzung gehört (Mikroplastik, Nitrat …). Aktuell wird auch sehr heiß über Luftverschmutzungen diskutiert. Den Begriff der Lichtverschmutzung hört man jedoch eher selten und der ein oder andere fragt sich zu Recht: Ist das Licht etwa auch noch verschmutzt? – Jein

Was versteht man unter Lichtverschmutzung?

Der Begriff ist etwas irreführend. Es müsste vielmehr Dunkelheit-Verschmutzung lauten oder Verschmutzung der Dunkelheit durch Licht. Aber merken wir uns an dieser Stelle einfach, dass es entweder Lichtverschmutzung, Lichtemission oder Lichtsmog genannt wird.

Gemeint ist damit, dass der Mensch durch künstliche Beleuchtung die Nacht verschmutzt. Das künstliche Licht verschmutzt das, wenn auch nur in geringem Maße vorhandene, nächtliche Licht.

Das Leben auf der Erde orientiert sich jedoch maßgeblich an den Gezeiten, Tag und Nacht, sowie dem Mondzyklus und den Jahreszeiten. Daher sind Flora und Fauna, aber auch der Mensch, seit Urzeiten auf diesen zyklischen Wechsel eingestellt.

Offensichtliche Beeinträchtigungen

Am offensichtlichsten ist die Verschmutzung in Städten zu beobachten. Hier spricht man sogar von einer Lichtglocke, die sich über den Städten bildet. Straßenlampen, Leuchtreklamen, Flutlichtanlagen, Hausbeleuchtungen u.v.m. erleuchten die nächtliche Atmosphäre. Ein recht eindeutiges Indiz für eine derartige Verschmutzung ist die Tatsache, dass man in der Stadt seltener einen klaren Sternenhimmel beobachten kann, die Milchstraße zu erkennen, fällt noch wesentlich schwerer.

Weltweit nimmt die Lichtverschmutzung, aktuellen Studien zu Folge zu. Zu einem großen Teil liegt dies am sogenannten Rebound Effekt der LED Beleuchtung. Weil man über den Einsatz der LED Leuchte Strom und damit Kosten spart, wird großzügiger mit der Anzahl der Leuchten umgegangen, oder sie werden einfach länger leuchten gelassen – „Sie verbrauchen ja so wenig.“ Immer häufiger kann man vor allem in Neubaugebieten einen Wettstreit beobachten, wer sein Haus am vermeintlich schönsten mit Strahlern und Wandleuchten in Szene setzt.

Beeinträchtigungen der Tierwelt

30% der Wirbeltiere und sogar mehr als 60% der wirbellosen Tiere (z.B. Insekten) sind nachtaktiv. Alleine diese Zahlen verdeutlichen bereits die enorme Bedeutung der Nacht für diese Lebewesen. Aber auch die tagaktiven Lebewesen sind auf die Nacht angewiesen, wie beispielsweise wir Menschen, um unserem Körper die nötige Zeit zum Regenerieren zu geben.

Besonders bei nachtaktiven Insekten sind sicherlich jedem bereits einmal die negativen Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht aufgefallen. Sehr häufig kann man beobachten, wie beispielsweise Motten und andere Insekten sich um eine Straßenbeleuchtung tummeln. Dieses Phänomen wird damit erklärt, dass die Insekten nach dem nächtlichen Himmel navigieren. Das durch die künstlichen Beleuchtung entstehende Problem könnt ihr ganz einfach selbst nachstellen:
Wenn ihr euch beispielsweise über eine Strecke von 10 Metern im 90 Grad Winkel zum Mond bewegt, könnt ihr euch sicher sein, dass ihr geradeaus geht. Da der Mond so weit entfernt ist, kann er zu einer derartigen Navigation genutzt werden. Wenn ihr das gleiche anstelle des Mondes mit einer Straßenlaterne versucht, wird diese nach einigen Metern nicht mehr im 90 Grad Winkel zu euch stehen, sondern schräg hinter euch.

Genau das passiert auch den Insekten, nur dass sie der festen Überzeugung sind, dass es sich bei der künstlichen Lichtquelle, die für sie so hell ist dass sie den Mond nicht mehr sehen können, um den Mond handelt.

Sobald sich der Mond hinter dem Insekt befindet korrigiert es die vermeintlich falsche Routenführung und nähert den Winkel und die eigene Position immer mehr dem Leuchtkörper an, mit meist tödlichem Ausgang. Entweder durch die Hitze der Lampe, Erschöpfung, weil sie verhungern oder durch findige Räuber, die nur auf die leichte Beute warten. Dieser Effekt wird Fesseleffekt genannt.

Ähnlich verhält es sich mit der Navigation von frisch geschlüpften Schildkröten. Diese orientieren sich ebenfalls am Mondlicht und geringfügig an der Spiegelung der Wasseroberfläche. Immer häufiger beobachten jedoch Wissenschaftler, wie die jungen Schildkröten von der nächtlichen Beleuchtung der Stadt und den schimmernden Hausfassaden angelockt werden und so in ihren sicheren Tod steuern.

Neben den nachtaktiven Insekten und den Schildkröten gibt es viele weitere Beispiele, bei denen unsere künstliche Beleuchtung zu Problemen führt. Beispielsweise gibt es verschiedene Arten, die sich aus Schutz vor Fressfeinden nur im Dunkeln der Nacht bewegen. Verschwindet die Dunkelheit, verschwindet auch der entsprechende Schutz und mitunter ganze Arten.

Beeinträchtigungen des Öko Systems

Wo Insekten durch Lichteinwirkung vernichtet werden, wird die Nahrungskette empfindlich gestört. Zum einen verschwinden die Insekten teilweise als Nahrungsmittel für andere Arten, zum anderen aber auch als Bestäuber für die Pflanzenwelt.

Die von uns Menschen installierte künstliche Beleuchtung ist dabei oftmals besonders unglücklich ausgeführt, da sie in vielen Fällen genutzt wird um gezielt Pflanzen, Gewässer, Sträucher oder Bäume anzustrahlen, wo sich die Insekten und andere Tiere aufhalten. Eine nächtlich angestrahlte Brücke kann für einen Fisch ein unüberwindbares Hindernis darstellen, da er dieses mysteriöse Objekt so nicht kennt und es daher meidet.

Neben der reduzierten Bestäuberleistung durch Instekten hat das künstliche Licht jedoch auch direkte negative Auswirkungen auf die freilebenden Pflanzen.  Da Pflanzen sich auch an den Jahreszeiten, besser gesagt an den Tages- und Nachtlängen orientieren, wird ihre innere Uhr durch das künstliche Licht gestört. Dies kann zu verspätetem Laubabwurf führen oder verstärkten Frostschäden. Außerdem wird die Ruhepause über den Winter verkürzt.

Beeinträchtigung des Menschen

Natürlich werden auch wir Menschen seit Urzeiten durch einen Tag-Nach-Rhythmus gesteuert. Und dieser Rhythmus droht durch die ständige Beleuchtung aller Lebensbereiche aus dem Takt zu geraten.

Für einen erholsamen Schlaf ist das „Schlafhormon“ Melatonin verantwortlich. Dieses Hormon reagiert auf den Blauanteil des Lichts und sagt unserem Körper, dass es Zeit für eine Ruhepause wäre. Außerdem wird es für einen erholsamen Schlaf benötigt.

Der Blauanteil und damit der Melatonin Wert sind maßgeblich von der Farbtemperatur des Lichtes abhängig. Ein hoher Blauanteil, wie er im normalen Tageslicht enthalten ist signalisiert dem Körper, dass er wach sein sollte. Ein sinkender Anteil des Blauanteils signalisiert hingegen, dass es Zeit wäre schlafen zu gehen.

Gerade kaltweiße LED Lampen haben jedoch einen hohen Blauanteil und verhindern so, dass wenn man sie in den Abendstunden nutzt, der Körper das Signal zum Erholen erhält. Auch spätes Arbeiten an LED Monitoren erzeugt diesen Effekt. Warmweiße LED Lampen hingegen haben einen wesentlich geringeren Blauanteil. Studien haben sogar festgestellt, dass Melatonin das Wachstum bestimmter Krebsarten zu unterdrücken scheint. Ein Grund mehr dem Schlafhormon mehr Priorität einzuräumen.

Mehr zum Thema, wie LED Lampen den Menschen beeinflussen findet ihr in folgendem Bericht (hier).

 

Fazit

Weniger ist mehr!

Die Nacht ist ein schützenswertes Gut. Daher haben wir euch eine Reihe von Tipps zusammengestellt, um die Lichtverschmutzung zu reduzieren:

  1. Beleuchtung sinnvoll einsetzen
    Nachts die eigene Hausfassade anleuchten muss nicht sein, es sei denn ihr wohnt in einem Leuchtturm.
  2. Achtung Rebound Effekt
    Gerne setzt man mehr Beleuchtung ein, wenn sie vermeintlich weniger verbraucht. Nicht selten macht man damit den Spareffekt wieder zunichte.
  3. Leuchtdauer
    Beleuchtung mit Zeitschaltuhren, Dämmerungsschaltern und Bewegungsmeldern schalten und so die Leuchtdauer auf ein Minimum reduzieren
  4. Lichtlenkung
    Wenn ich den Bereich vor der Eingangstür beleuchten will, dann muss die Leuchte nicht auch noch bis an die Dachrinne nach oben leuchten. Zielgerichtet ausleuchten sollte das Ziel sein. Sogenannte Full-Cut-Off Lampen helfen dabei.
  5. Privatsphäre wahren
    Auch die Tiere wollen ihre Ruhe. Also keine Lebensräume wie Hecken, Bäume, Sträucher oder Wasserflächen anstrahlen.
  6. Lichtfarbe und Lichtstärke
    Lampen mit geringem UV-Anteil einsetzen (warm weiß unter 3.000 Kelvin) und auf die Lichtstärke achten.

 

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Titelfoto: Steven Hung, unsplash.com
Erdoberfläche beleuchet: NASA,  Image by Craig Mayhew and Robert Simmon, NASA GSFC.