Lebensweise

Nachhaltig produzierte Jeans

Geschrieben von Matthias

Habt ihr bei eurem letzten Jeans Kauf einmal auf die Schockfotos geachtet? Also die Bilder am Bund der Jeans, die die Arbeitsbedingungen zeigen, unter welchen diese eine Jeans hergestellt wurde. Oder habt ihr die Pestizide gerochen, die beim Anbau der Baumwolle verwendet wurden. Vielleicht habt ihr sogar noch die giftigen Chemikalien auf der Haut bemerkt, die massenhaft bei der Herstellung dieser Jeans eingesetzt wurden.

Vermutlich nichts von Alledem, denn diese diversen unschönen Fakten sind dem Käufer nicht bewusst, wenn er eine Jeans erwirbt.

 

Ich denke so gut wie jeder wird mindestens eine Jeans sein Eigen nennen können. Warum man zu den oben aufgeführten Problemen dennoch nichts erfährt ist nahezu selbsterklärend, was es im Detail damit auf sich hat und was man dagegen tun kann, haben wir mit Katia Winter von Armedangels besprochen.

Katia, erst einmal vielen Dank für die Zeit die du dir nimmst, um uns dieses Thema etwas verständlicher zu machen.

 

Die bekanntesten Jeans Hersteller beschäftigen sehr viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Diese sind aber größtenteils nicht in Deutschland beschäftigt, sondern beispielsweise in China. Liegt es nur an den billigeren Löhnen oder spielen auch Gesundheits- und Umweltstandards dabei eine Rolle?

Die größten Jeansstoffhersteller weltweit sind in der Türkei und China. Löhne sind natürlich immer ein Argument; aber vor allem die industriellen Strukturen. In Fernost, u.A. China hat sich die letzten 40 Jahre eine gut vernetzte Industrie aufgebaut. Technisches Know-How, Maschinenparks, etc. ist in den Produktionsländern vorhanden. In der Vergangenheit wurden sowohl Gesundheits-, als auch Umweltstandards missachtet; daran ändert sich aktuell aber sehr viel. Sowohl China, als auch die Türkei haben in den letzten 5 Jahren an Umweltprogrammen und Maßnahmen nachgelegt. Die Anforderungen an den Einsatz von Chemikalien sind heute auf dem Papier fast deckungsgleich mit den europäischen Normen.

 

Ein weiterer recht emsiger Mitarbeiter der Jeans Hersteller ist die Biene. Diese bestäuben die Baumwollpflanzen, haben aber auch unter erschwerten Arbeitsbedingungen zu leben, oder?

Ja, definitv. Monokultur, Rodung und Pestizide beim konventionellen Anbau von Baumwolle bedrohen ihr Leben. Besonders bedroht sind die Wildbienen.

Fast 24 % der weltweit eingesetzten Insektizide fallen auf Baumwollfeldern an.

Und das Bienensterben hat auch Folgen für uns Menschen: Das zeigte kürzlich die Marketingaktion einer deutschen Supermarktkette: Sie räumte alle Artikel aus ihren Läden, die durch die Unterstützung der Bienen produziert werden; von Früchten und Gemüse, über Duschgele mit Pflanzenölen und Fruchtgummi. Plötzlich waren die Regale leer. Um genau zu sein: 60 %. Damit steht nicht nur das Leben der Bienen auf dem Spiel, sondern auch unseres.

 

Ein Bild in einer Greenpeace Studie zeigt einen Fluss der komplett, je nach Färbung der Jeans seine Wasserfarbe ändert. Wie kann das sein und sind die eingeleiteten Stoffe gefährlich? (+Bild)

Der Fluss, der in der Greenpeace Studie aufgezeigt wird, ist der Perlfluss (Pearl River), in der südostchinesischen Provinz Guandong, in der Stadt Xintang. Nicht nur die Jeansfärbung, auch andere Textilveredlungsverfahren und Färbungen, lassen die Abwässer farbig werden. Bei nicht vorhandenen industriellen Abwasseranlagen sind die textilen Abwässer sehr stark belastet.

Giftstoffe aus den Fabriken werden oft ungeklärt abgeleitet und können später im Trinkwasser und Essen auftauchen.

Wir arbeiten mit einem der modernsten Jeansstoffhersteller in der Türkei zusammen, die ein super Umweltmanagementsystem implementiert haben, eine hochmoderne Abwasseranlage, die 100% des Abwassers regeneriert; d.h. dass das gereinigte Abwasser wieder in den Kreislauf kommt und für andere Industrien genutzt wird.

 

Stimmt es, dass eine Jeans beim Waschvorgang weiterhin Chemikalien und Farbe absondern?

Beim Waschvorgang zuhause sollte die modern-produzierte Jeans keine gefährlichen Chemikalien mehr abgeben. Dafür testen die meisten Anbieter ihre Produkte bevor sie in den Verkehr kommen. Einen leichten Abrieb der Farbe kann immer noch im Nachgang passieren, dieser muss aber nicht gefährlich sein – dies gehört ja zum natürlichen Werdegang einer Denim – der used look 😊.

Beim industriellen Waschvorgang, indem die modernen used-looks erreicht werden, ist es sogar das Ziel rückstehende Chemikalien und die Farbe aus dem Stoff zu waschen (bzw. den Stoff zu destruieren).

In unserem Fall setzen wir ausschließlich ökologisch optimierte Verfahren ein; d.h. wir setzen z.B. kein Chlor oder kein Kaliumpermanganat (was übrigens die pinke Farbe in chinesischen Flüssen auslöst) ein, sondern setzen auf ungefährliche Betriebschemikalien und Laser und Ozonverfahren.

 

Besonders die spezielleren Jeans Optiken wie „stone-washed-Look“ oder „used-look“ sind umwelt- und/oder gesundheitsgefährdet. Wieso das?

Das kann man nicht so pauschal beantworten. Die unterschiedlichen Looks und Waschungen kann man durch unterschiedliche Verfahren erreichen. Wie im Vorgang schon erklärt, gibt es chemikalien-intensive Verfahren, aber auch ökologische Alternativen, um die used looks zu erreichen.

 

Jetzt hat mein lokaler Laden keinen entsprechenden nachhaltigen Hersteller. Im Internet bestellen ist aber auch nur bedingt ökologisch. Wie sehen Sie die Marktchancen und das weitere Entwicklungspotential für die nachhaltige Jeans?

Ich denke, dass das Bewusstsein der Menschen in Sachen nachhaltigen Konsum immer mehr wächst. Das ist toll. Daher sehe ich auch bei den Jeans definitiv ein Entwicklungspotential.  Das sehen wir ja auch bei unseren Detox Denims – die nach dem Launch in kürzester Zeit vergriffen wären. Daran sieht man: Hier ist wirklich ein need!

 

Eine letzte, etwas scherzhaft gemeinte Frage: Sollte ich meine Jeans waschen?

Das muss natürlich jeder selbst entscheiden. Aber wenn, dann bei niedriger Temperatur (40%) und im Schongang. Noch ein kleiner Trick: Kälte tötet Bakterien und lässt Gerüche verschwinden. Und die Denim behält länger ihre Farbe. Also, ab ins Gefrierfach mit dem guten Stück. Geschützt in einer Tüte klebt sie auch nicht an. Dann etwa zwei Tage kühlen. Das gibt ein super Tragegefühl und Pluspunkte für den Umweltschutz, weil es Wasser beim Waschen spart.

 

Fazit

Auch wenn bei uns die Flüsse zu den saubersten der Welt zählen, müssen wir uns beim Kauf einer Jeans darüber im Klaren sein, dass die Umweltverschmutzung nur in andere Weltregionen verlagert wurden. Identisch sieht es bei den Arbeitsbedingungen aus, die bei der Herstellung konventioneller Jeans herrschen. Daher haben wir euch 7 Tipps zusammengestellt um das Thema Jeans nachhaltiger zu gestalten.

 

  1. Weniger kaufen
    … muss ich wirklich so viele unterschiedliche Jeans besitzen?
  2. Länger tragen
    … die durchschnittliche Lebenserwartung einer Jeans beträgt sieben Jahre. Da ist noch Luft nach oben.
  3. Weniger waschen und wenn dann umweltfreundlich
    … OK. Waschen muss man die Jeans vermutlich tatsächlich einmal. Aber wenn, dann so selten wie möglich und mit umweltfreundlichen Waschmitteln.
  4. Secondhand kaufen
    … euch gefällt die Jeans nicht mehr die ihr letztes Jahr gekauft habt oder sie passt nicht mehr so richtig. Einfach weiterverkaufen. So geht es anderen Personen vielleicht auch und ihr könnt günstig eine „neue“ Jeans erwerben.
  5. Auf Textillabel achten
    Achte auf die unterschiedlichen Labels. Welche es gibt findet ihr im …Greenpeace
  6. Bio Baumwolle kaufen
    Kauft Jeans aus 100% Bio-Baumwolle und sorgt somit für gesunde Arbeitsbedingungen für Mensch und Biene.
  7. Darüber sprechen
    Macht euren Lieblingsladen auf entsprechende Marken aufmerksam. Redet mit Freunden und Bekannten über das Thema.

 

Das könnte dich auch interessieren:

 

Titelbild by Armendangels