Nach dem Fast-Food-Drive-In, dem Straßenverkauf oder der Lieferung bleibt vor allem eines übrig: Unmengen an Verpackungsmüll. Das wird sich bald ändern. Denn am 06. November 2020 hat der Bundesrat beschlossen, dass der Verkauf von Einweg-Geschirr aus konventionellem Kunststoff und aus „Bioplastik“ verboten wird. Die Verordnung soll am 03. Juli 2021 in Kraft treten. Für viele Restaurantbesitzer bedeutet das, dass sie bei To Go von Einweg auf Mehrweg umstellen müssen. Das birgt aber für die Unternehmen unbekannte Risiken und weitere finanzielle Aufwände, zu den eh schon schwierigen Zeiten in der Pandemie. Um die Entscheidung zu erleichtern, soll dieser Artikel helfen. Er zeigt eine kleine Übersicht über die Mehrweg-Behälter und Mehrweg-Möglichkeiten auf dem Markt. So kann Take Away bzw. To Go nachhaltiger werden.
Essen zum Mitnehmen: Der Berg aus Einweg-Müll
Die letzten Monate standen wegen Corona bei uns unter dem Motto „Support your local Shop“ und wir haben uns beim Griechen ein Menü für Zwei abgeholt. Was im Restaurant am Tisch auf ein bis zwei Tellern pro Person serviert wird, haben wir in acht bis zehn Kunststoff-Verpackungen in zwei Einwegtüten bekommen. Das Essen war superlecker und auch noch heiß als wir zuhause ankamen. Aber wir hatten mit einer Mahlzeit so viel Plastikmüll produziert wie in einem ganzen Monat oder zwei. Das wiederum hat uns öfter davon abgehalten, Mahlzeiten in unseren Lieblingslokalen für den Heimverzehr zu kaufen.
Wir merkten aber auch: Gängige To Go Unternehmen wie Fastfood Restaurants, Pizza-Service oder Asia-Imbiss haben oftmals Papierverpackungen. Das ist schon besser als die Kunststoffverpackungen, die teilweise mit Alufolie zugeschweißt sind.
Ich fragte mich: Warum kann man nicht Mehrwegbehälter verwenden? Oder welche Möglichkeiten gibt es, um hier eine Veränderung in die Gesellschaft zu bringen. Eine nachhaltige Verpackung für To Go Gerichte und ein kluges Marketing der Gastronomie kann ein kleines Zahnrad sein, das für zwei Dinge gut ist. Es kann uns helfen, durch die Krise der Pandemie zu kommen und außerdem in Zukunft ein Mehrgewinn für uns und die Natur sein. Also habe ich mit einer Recherche begonnen auf Seiten von Anbietern, Nutzern und Herstellern von Mehrweg-Behältern.
Mehrweg statt Einweg: Welche Lösungen für die Gastronomie gibt es?
1. Individuell (Beispiel: Lokalhelden in Augsburg)
Mein erster Gedanke ging an das Restaurant und urbanen Hofladen „Lokalhelden“ in der Augsburger Innenstadt. Ich hatte bereits im Sommer erfahren, dass man dort sein Essen in Mehrwegbehältern bekommt. Hier ist der plastikfrei-Gedanke noch weitergedacht worden, denn die Behälter sind aus Glas. Gut, die Deckel sind aus Kunststoff – aber immerhin.
Für 15€ Pfand kann man die Behälter ausleihen. Ich habe die Behälter dann nach kurzer Recherche im Internet gefunden, für ca. 10€ pro Stück. Das Konzept von Lokalhelden ist nachhaltig und pragmatisch.
Ich finde es sehr lobenswert, dass man hier selbst das Ruder in die Hand genommen hat und das Problem mit einer selbst kreierten Lösung angegangen ist. Im Gegensatz zu anderen Mehrwegbehälter-Konzepten gibt es bei Lokalhelden getrennte Kammern in den Behältern. Das ist für manche Gerichte unablässig. Von Nachteil für den Kunden ist, dass die Behälter nur bei Lokalhelden abgegeben werden können und dass die Behälter aus Glas auch mal kaputt gehen können. Besser wären hier Behälter aus Edelstahl oder vielleicht doch aus Kunststoff?
Vorteile
+ Glas Behälter
+ auslaufsicher
+ prinzipiell verschieden große Behälter möglich
+ mehrere Kammern in den Behältern
+ ohne Registrierung (für Kunde)
+ kein Smartphone notwendig
+ schnell umgesetzt
+ keine Systemgebühr
Nachteile
– Schalen müssen vom Unternehmen gekauft werden (Invest)
– Rückgabe nur beim Lokal selbst
– keine Isolierung
– Hohes Pfand für Kunde
– Hoher Platzbedarf für die Aufbewahrung im Restaurant
– Keine Partner-Gastro mit gleichem System
2. Rebowl.de: Mehrweg-Schüsseln nach dem Becher-Prinzip
Es gibt bereits Mehrweg-Konzepte für To Go, die auch schon etabliert sind. Zum Beispiel rebowl.de. Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das Kaffee-Becher-Konzept recup.de, nur eben mit verschließbaren Schüsseln mit identischem Pfandsystem. Das Pfand beträgt 5€ und die Behälter können bei allen Partner-Gastros abgegeben werden.
Man kann unterschiedliche Behälter wählen, auch welche mit mehreren Kammern. Der Restaurantbesitzer muss sich allerdings über einen Vertrag an rebowl binden. Er muss ca. 1€ pro Tag bezahlen, je nach Vertragslaufzeit und erhält dafür ein freies Rückgabekontingent von 800 Schalen, das sich alle 24 Monate erneuert.
Vorteile
+ Kunststoff 100% recyclebar
+ Schalen werden beim Hersteller geliehen
+ auslaufsicher
+ kann bei allen Partner-Gastros abgegeben werden
+ verschiedene Behälter (in Zukunft geplant vom Hersteller)
+ mehrere Kammern (in Zukunft geplant vom Hersteller)
+ ohne Registrierung (für den Gast)
+ kein Smartphone notwendig
+ Pfand 5€ (Becher 1€)
+ stapelbar
+ 330 Rebowl und über 5000 Recup Gastro-Partner
deutschlandweit
+ Umstellung erfordert nicht viel Aufwand
Nachteile
– keine Isolierung
– rund aber stapelbar (nicht für alle von Nachteil)
– Systemgebühr ca 1€ pro Tag (für Gastro)
3. vytal.org: Mehrweg-System mit App
Kaum streckt man die Fühler weiter aus, finden sich weitere Anbieter für Mehrweg-Behälter. Die Firma VYTAL Global GmbH aus Köln ist in verschiedenen Städten in Deutschland verbreitet. Hier ist das Konzept in Verbindung mit einer App realisiert worden. Man muss sich als Kunde in der App registrieren oder für 10€ (einmalig) eine Mitgliedskarte erwerben. Beim Abholen der Mahlzeit wird der Behälter gescannt und auf den Kunden gebucht.
Ein Pfand oder Gebühren für den Endkunden sind hier nicht notwendig. Wird der Behälter binnen 14 Tagen nicht zurückgegeben, werden dem Kunden 10€ abgebucht. Allerdings kann man den Behälter später noch zurückgeben, bekommt aber das Geld dann nicht zurück, sondern den Betrag als Gutschein. Den kann man dann in einer Partnergastronomie von vytal einlösen.
Vorteile
+ Kunststoff 100% recyclebar
+ Schalen werden beim Hersteller geliehen
+ auslaufsicher
+ kann bei allen Partner-Gastros abgegeben werden
+ verschieden große Behälter, Pizzaboxen und Becher
+ mehrere Kammern/Fächer
+ stapelbar
+ Isolierung
+ Essen über die vytal App bestellen
+ keine Pfandgebühr für Kunde
+ 700 Gastro-Partner deutschlandweit
Nachteile
– keine Trennwand
– Registrierung notwendig (für den Gast)
– Smartphone notwendig (für Gastro) (Kunde kann alternativ eine Mitgliedskarte erwerben für einmalig 10€)
– rund aber stapelbar (nicht für alle von Nachteil)
– Systemgebühr 15ct-22ct (netto) je nach Behältergröße
pro Füllung (für Gastro)
4. gorelevo.de: Mehrweg-Behälter per App in München & Berlin
Das System von Relevo funktioniert im Grunde genauso wie vytal. Auch hier gibt es eine App. Allerdings braucht es hier keine zusätzlichen Prozesse oder Einstellungen für den Gastro-Betreiber, lediglich der Gast muss sich registrieren. Wenn der Behälter binnen 14 Tagen nicht zurückgegeben, werden dem Kunden 10€ für eine Schale bzw. 5€ für einen Becher abgebucht.
Vorteile
+ Kunststoff 100% recyclebar
+ Schalen werden beim Hersteller geliehen
+ auslaufsicher
+ kann bei allen Partner-Gastros abgegeben werden
+ verschieden große Behälter
+ Essen über die relevo App bestellen
+ 170 Gastro-Partner
Nachteile
– keine Isolierung
– keine Trennwand
– Registrierung notwendig (für Gast)
– Smartphone notwendig (für Gast)
– rund aber stapelbar (nicht für alle von Nachteil)
– nur in und um München und Berlin etabliert
– Systemgebühr Schale 20ct-30ct (netto) je nach
Behältergröße pro Füllung (für Gastro)
– Systemgebühr Becher 10ct-15ct (netto) je nach Behältergröße pro Füllung (für Gastro)
5. ornamin.com: Eher für Mehrweg-Anbieter als für die Gastro
Ornamin-Kunststoffwerke GmbH & Co. KG ist ein Hersteller für Mehrwegbehälter. Kunden von Ornamin sind z.B. ecobox.lu und gorelevo.de oder auch viele Studentenwerke bzw. Kantinen. Die Auswahl an Behältern und Bechern ist relativ groß, und man kann sie nach eigenen Wünschen gestalten. Dieser Hersteller ist jedoch eher was für Mehrweg-System Anbieter als für Gastronomen. Wer sich aber an kein System binden möchte ist hier richtig.
Fazit & was Verbraucher tun können
Es gibt bereits einige Lösungen für die Gastronomie, um auf Einweg Behälter oder Geschirr zu verzichten. Die Denkweise der Politik schlägt den richtigen Weg ein. Jetzt gilt es, das in die Praxis umzusetzen.
Und trotzdem geht es auch um jeden Einzelnen, seine Gewohnheiten nachhaltiger zu gestalten. Denn auch wir Verbraucher können entscheiden, wo wir einkaufen. Ob wir den Impuls geben und unsrem Lieblingsrestaurant sagen: „Hey, hier gibt es eine tolle Lösung. Wär‘ das nichts?“ Und ob wir zum Beispiel unsere eigenen Mehrweg-Behälter mitbringen und befüllen lassen.
Über den Gastautor:
Andreas Möss ist Maschinenbau Ingenieur aus Augsburg und arbeitet im Bereich Entwicklung und Konstruktion. „Meine Passion sind die Berge und das Reisen in unserem Camper“, sagt er. „Ich mache mir Gedanken und Sorgen um unsere Natur und Umwelt, weil ich meine Freizeit gerne in der freien Natur verbringe.“
Artikelfoto: Andreas Möss
Foto 1: (c) Lokalhelden
Foto 2: (c) Rebowl
Foto 3: (c) vytal
Foto 4: (c) relevo