Privatpersonen Tierschutz

Unseren Bienen helfen: Interview mit Cornelis Hemmer von Deutschland summt!

Geschrieben von Florian

Cornelis Hemmer (50), Diplom-Geograph, hat im September 2010 zusammen mit seiner Frau die Stiftung für Mensch und Umwelt gegründet. Schwerpunkte der Arbeit ist die Erhaltung der Biologischen Vielfalt und die Stärkung des Nachhaltigen Konsums.

Im Interview ist Cornelis Hemmer, der zusammen mit Corinna Hölzer Initiator von Deutschland summt! ist.

Florian: Bienen sind mehr viel als Honiglieferanten. Welche bedeutende Rolle haben Bienen in unserem Ökosystem?

Cornelis: Die Bedeutung der Bestäuberinsekten ist immens. Bienen gehören dazu. Im Laufe der letzten 80 Mio. Jahren haben sich Bienen mit den Pflanzen gemeinsam entwickelt – quasi in Abstimmung. Die Blütenkelche der Pflanzen haben sich an ihre Umwelt angepasst und mit der Ausdifferenzierung der Blütenmorphologie auch die Größe und Geschicklichkeit der Bienen. Denken wir an die unterschiedlichen Rüssellängen oder Haarkleider.

Ökologisch nehmen die Bienen eine wichtige Schlüsselfunktion im Tierreich ein. Sie sind Bestäuber für nahezu allen einheimischen Pflanzen, egal ob Kultur- oder Wildpflanze und damit echte heroes.

 

Florian: Unsere Bienen sind in Gefahr. Was sind die Gründe für das Bienensterben? Welche Bienenarten sind bedroht?

Cornelis: Von den in Deutschland bekannten 560 Bienenarten gibt es nur eine Honigbienenart. Diese Art hat einige Unterarten. Die auf der Welt weit verbreitete und auch bei uns von den meisten Imkern gehaltene Kärntner Honigbiene, Apis melliferacarnica, hat die einheimische Honigbiene verdrängt. Seit 150 Jahre wird die Deutsche Honigbiene, Apis melliferamellifera, aus unserem Kulturkreis verdrängt.

Bei den Wildbienen wissen wir relativ wenig über die Biologie der einzelnen Art. Doch auch in diese Gruppe sind 40 Prozent in ihrem Bestand so selten, dass sie auf einer Liste der bedrohten Arten geführt werden. Für alle Bienen und den meisten Insekten lassen sich jedoch drei Hauptfaktoren für den fortschreitenden Rückgang benennen:

  1. Verlust von Nist- und Bruträumen durch Bodennutzung und Flächenzerstörung,
  2. Verlust der Nahrungsgrundlage durch den ungebremsten Einsatz von synthetische und chemische Spritzmittel und Überdüngung von Pflanzenbeständen und
  3. Verlust durch Krankheiten verursacht durch Viren, Pilze, Bakterien und Parasiten.

 

Florian: Im Norden Chinas gibt es aufgrund der Pestizide keine Bienen mehr. Die Bestäubung muss von Menschenhand durchgeführt werden. Das wäre mit deutschen Löhnen aber nicht bezahlbar. Fehlen die Bienen, müssten wir in Deutschland Obst und Gemüse vermehrt importieren. Die Biene ist daher ein Wirtschaftsfaktor. Ist dies der Politik klar? Was tut unsere Regierung für Artenschutz und Biodiversität?

Cornelis: Tatsächlich ist es so, dass in vielen Landstrichen der Erde, in der eine groß industrielle Agrarproduktion existiert, der Artenschwund so groß ist, dass unter anderem auch Bestäuberinsekten wie Bienen weitestgehend verschwunden sind. Eine ausreichende Bestäubung kann dort nicht immer sichergestellt werden. Die erwarteten Erträge an Obst, Gemüse und Ölsaaten lassen sich nicht immer erzielen. In Mitteleuropa werden zur Rapsblüte gerne Honigbienen in die Landschaft gestellt, da erst durch sie die Chance der höheren Befruchtung der Blüten gewährleistet wird. Wenn aber auch Honigbienen nicht mehr zur Verfügung stehen,dann stehen tatsächlich Menschen hoch oben in den Obstbäumen und bestäuben händisch die Blütennarben, wie das in großen Landstrichen Chinas der Fall ist. Hier in Mitteleuropa wäre das nicht denkbar, da die Arbeitskräfte viel zu teuer wären. Wenn jedoch das Bienensterben derart voranschreitet wie bisher, sind ähnliche Arbeiten wie in China auch bei uns denkbar. Wir unterschätzen die Bedeutung der Blütenbestäuber. Ihr Beitrag für landwirtschaftliche Produkte ist riesig. Keine Bestäubung – kein Obst und Gemüse. Das Leben wäre nicht halb so genussvoll, wenn wir auf Äpfel und Weintrauben, Tomaten und Zucchini sowie Kaffee und Schokolade verzichten müssten.

Den Blick allein auf die Politik zu werfen, nach dem Motto „Die werden es richten!“ wäre jedoch zu kurz gedacht. Wir sind alle Verbraucher, die einen Teil dazu beitragen, dass die Welt so bleibt wie sie ist. Die Lebensgrundlagen werden systematisch zerstört. Durch unsere Kaufentscheidung und die Konsumgewohnheiten verdrängen wir die Notwendigkeit einer grundlegenden Verhaltensänderung. Wir sind paralysiert wie ein Kaninchen vor der Schlange. Wir machen lieber so weiter wie bisher, als wirklich etwas ändern zu wollen.


Florian: Was wurde politisch gesehen schon zum Schutz der Bienen erreicht? Aber reicht das denn? Wie sind die bisherigen Erfolge einzuordnen?

Cornelis: Wir haben gesellschaftlich und politisch nichts erreicht. Es gibt niemanden, der die Verantwortlichen aus Politik, Verwaltung und jeden einzelnen Bürger für seine Versäumnisse abstraft. Fakt ist: Alle Millenniumsziele sind verfehlt. Dazu gehört auch den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen.


Florian: Die politischen Maßnahmen alleine reichen nicht. Auch wir Privatpersonen sind gefragt, insbesondere jetzt zum Frühlingsbeginn. Worauf kommt es bei einem Bienenfreundlichen Garten oder Balkon an? Welche Pflanzen und Blumen sind bei Bienen, Hummeln, Insekten und Schmetterlingen beliebt? 

Cornelis: Bei all´ der Sorge, die meine Antworten hervorrufen könnten, ist es trotzdem wichtig, etwas für den Erhalt der biologischen Vielfalt zu tun. Die Biene kann hierfür ein nützlicher Motivator sein, mitzumachen, aktiv zu werden und anzufangen, etwas zu tun. Wir sagen bei unseren städtischen Aktivitäten immer „Mit der Biene als Botschafter für mehr Stadtnatur.“ Sie öffnet uns Türen von gesellschaftlichen Gruppen, die vielleicht noch zu wenig darüber nachgedacht haben, was sie im Einzelnen auch persönlich in Gang setzen können: einen bienenfreundlichen Garten, Balkon oder Terrasse trägt sicherlich dazu bei, der Biene und Co. Nist- und Futterplätze zu bieten. Außerdem bietet das Aktiv werden aber auch so viele Aha-Effekte, dass ein kleines Stückchen Natur vor der eigenen Haustür noch mehr Freude bereiten kann.

 

Einjährige Stauden                                                       Blütenfarbe                                          Standort

Duft-Resede (Reseda odorata)                                       weiß, ab Juli, duftend sonnig                 sehr trockentolerant

Wegerichblättrige Natternkopf (Echiumplantagineum)   blau, Mai – Okt. ! sonnig                          sehr trockentolerant

Klatsch-Mohn (Papaverrhoeas)                                       rot, Mai – Juli sonnig                               trocken bis frisch

 

Mehrjährige Stauden

Gem. Glockenblume (Campanula persicifolia)               blau/weiß, Mai – Aug.                              trocken bis frisch

Gem. Lungenkraut (Pulmonariaofficinalis)                    violett, März – Mai                                     halbschattig/schattig, frisch

Wald-Ziest (Stachyssylvestris)                                      purpur, Juni – Aug.                                   frisch

Färberkamille (Anthemis tinctoria)                                 gelb, Juni – Sept.                                      sonnig, sehr trockentolerant

Schwert-Alant (Inulaensifolia)                                      gelb, Juli – Aug.                                        sonnig, trocken bis frisch

Feld-Mannstreu (Eryngiumcampestre)                          blau/weiß, Juli – Aug.                               sonnig, sehr trockentolerant

Gemeine Schafgarbe (Achilleamillifolium)                   gelb, Juli – Sept.                                        sonnig, trocken bis frisch

Tauben-Skabiose (Scabiosacolumbaria)                     violett, Juli – Okt.                                       sonnig, trocken bis frisch

 

Florian: Du hast zusammen mit Corinna Hölzer über Eure Stiftung die Initiative Deutschland summt! gegründet. Das Ziel: Aufmerksamkeit für die Biene, die Stadtnatur und unsere Abhängigkeit von einem funktionierendem Ökosystem zu schaffen. Ihr habt eine bekannte Schirmherrin gewonnen: Daniela Schadt, die Lebensgefährtin von Dr. Joachim Gauck. Zudem seid Ihr bereits in vielen deutschen Städten vertreten, so in Berlin, Frankfurt am Main, München, Hamburg, Hannover, Illertissen und Osterholz-Scharmbeck. Was macht Ihr als Stiftung hinter Deutschland summt! genau?

Cornelis: Wir sensibilisieren mit Deutschland summt! Menschen für die Themen Erhaltung der Biologischen Vielfalt und Nachhaltiger Konsum. Beide Themen versuchen wir, über die Medien in die Bevölkerung zu transportieren. Wir wollen die Aufmerksamkeit für die Bienen und weitere Insekten sowie für die eigene Reflexion des täglichen Handelns stärken. Die Stiftung ist für uns die beste Form der transparenten und nachhaltigen Körperschaft, mit der wir unsere Mission für eine lebenswertere Zukunft schaffen können. Mit Daniela Schadt und anderen Unterstützern versuchen wir noch mehr Bevölkerungsschichten zu erreichen, die sich vielleicht noch zu wenig mit diesen Themen auseinander gesetzt haben. Wenn wir – wie zum Beispiel in den Großstädten Honigbienenvölker auf Promi-Dächer positionieren, dann schafft das nicht nur die gewünschte Aufmerksamkeit in den Medien. Wir versuchen auch die Hausherren für das Thema Wild- und Honigbienen zu erwärmen. Die Mitarbeiter jedenfalls sind überwiegend begeistert und fragen uns schon im April „Wann gibt’s endlich wieder Honig?“ und wir müssen sie auf den Frühsommer vertrösten.

 

Florian: Wo muss man sich melden, wenn man Deutschland summt! in seine Stadt bringen will? Wie kann man sonst Deutschland summt! und damit den Bienen helfen?

Cornelis: Unter Deutschland summt!“ sind wir im Internet zu finden. Dort stehen auch unsere Kontaktdaten, die bekannteste ist info@deutschland-summt.de. Informationen über den Bienenschutz in Städten finden sich auch in unserem Simpleshow-Erklärfilm. Es braucht zum Mitmachen echte Persönlichkeiten, die ihre Stärken in den Bereichen Kommunikation, Vernetzung, Akquisition, Texten, Interviews einbringen, Vorträge halten und länger als nur ein halbes Jahr dabei bleiben wollen. Hier noch mein Versprechen, für die, die mitmachen: Es macht richtig Spaß!

 

Florian: Vielen Dank für das spannende Interview und weiterhin viel Erfolg.

Wer mehr wissen will

 

Artikelbild & Bienen-Bild: morguefile.com

4 Kommentare

  • Ich finde die Initiative von Cornelius sehr lobenswert!
    Allerdings ist das Lesen eines Artikels zum Artensterben noch deprimierender, wenn der Autor Orthographie und Grammatik nicht beherrscht. Auch wenn das Internet ein wahnsinnig schnelles Medium ist, sollte doch auf eine richtige Schreibweise geachtet werden. Dann ist der Autor auch ernstzunehmen.

    • Es freut mich, dass Dir die Initiative gefällt.

      Auch wenn „nicht beherrscht“ etwas übertrieben ist, habe ich einige Fehler gefunden und korrigiert. Danke Dir für Deinen Hinweis. Falls Dir noch mehr auffällt kannst Du mir auch gerne eine Email schreiben: florian(at)nachhaltig-sein.info.

  • […] Wenn wir die Natur schützen, schützen wir damit auch unser eigenes Überleben. Fehlende Naturressourcen, etwa Trinkwasserknappheit, begünstigen Krisen und Kriege. Und schon kleinste Veränderungen im Ökosystem können große Auswirkungen haben. Ein Beispiel: Wenn die Bienen aussterben, hat das fatale Folgen für die Menschen. Die kleinen Insekten sind nicht nur ein riesiger Wirtschaftsfaktor in der globalen Lebensmittelproduktion. Ohne Bienen gäbe es enorme Ernteausfälle, denn die Tiere bestäuben 80% unserer Nutz- und Wildpflanzen. Das heißt: Kein Honig, wenig Obst, kaum Gemüse. Ein Zustand, der zur Mangelernährung führen wird, wohl nicht nur in den ärmeren Ländern. Was jeder Einzelne tun kann, um den Bienen zu helfen, zeigt dieser Artikel. […]