Lebensweise Privatpersonen

Interview: Christian Steiger von Swaki über Wegwerfgesellschaft & geplante Obsoleszenz

Geschrieben von Florian

Christian Steiger ist Diplom Ingenieur für Informationstechnologie und Gestaltung und wohnt im grünen Hamburg. Nach seinem Studium in Lübeck war er als freiberuflicher Drupal-Programmierer tätig. Schon während seines Studiums setzte er sich mit dem Thema Nachhaltigkeit, vor allem in Verbindung mit der Produktqualität technischer Geräte, auseinander. So kam es zur Idee und im Mai 2012 zur Gründung der Produkt- und Reparatur-Community Swaki. Seine Aufgaben umfassen neben der Programmierung auch die Geschäftsführung und Weiterentwicklung der Produkt-Community.

 

Laut einer Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wächst der weltweite Elektronikschrott jedes Jahr um 40 Millionen Tonnen. Dieses Wachstum ist 2 bis 3 Mal so schnell wie jeder andere sortenreine Müllberg. Ein wesentlicher Grund sind die zunehmend schnelleren Produktzyklen. Durch die verkürzte Haltbarkeit wird der Absatz neuer Produkte erhöht. Teils ist dies auch beabsichtigt (Stichwort Geplante Obsoleszenz). Aber der Endkunde spielt das Spiel mit. Anstatt die Produkte bis zum Ende zu nutzen, wird eher ein Neues bzw. ein „Besseres“ gekauft. In einigen Fällen gehen die Produkte auch kaputt und es daher wird ein Ersatz benötigt. Dabei ist das Reparieren – gewusst wie – teils sehr einfach. Dafür muss man nicht McGyver sein.

Hier kommt Swaki ins Spiel, die sich als Ziel gesetzt haben, „die weltweit größte Produktdatenbank zu kreieren, damit alles auf einen Blick zu finden ist und schnelle, von Usern getestete Lösungen kommuniziert werden können. Dies können Bedienungsanleitungen, Schaltpläne oder Reparaturanleitungen sowie alle Informationen und Bewertungen zu einem Produkt sein.“ iPhone Display wechseln? Risse im Parkett? Swaki hat die Antwort. Im Interview ist Christian Steiger, der Gründer von Swaki.

 

Florian: Eine tolle Idee, was war der Auslöser und die Motivation für die Gründung von Swaki?

Christian:

Schon während meines Studiums kam die Idee zu Swaki auf. Als Student ist das Geld immer knapp und man überlegt zweimal, ob man sich einfach etwas „neu kauft“ oder versucht das Produkt zu reparieren. Ich erinnere mich da gerne an ein Schlüsselerlebnis zurück. Ich hatte da einen PC, der nach dem Neuaufspielen des Betriebssystems einfach nicht mehr angehen wollte. Da ich mich bestens mit Rechnern auskenne, wusste ich, dass es nicht an der neuen Software liegen kann und fing deshalb an, die Bauteile zu untersuchen. Dabei stellte ich fest, dass der Fehler am Mainboard liegen musste und begann im Netz zu recherchieren. Das Problem war der Kondensator. Viele Nutzer hatten genau dasselbe Problem – der Kondensator gab einfach so den Geist auf.

Also machte ich mich ans Werk und lötete mit einem Freund zusammen einen neuen Kondensator ein. Dieser war zwar viel zu groß (Baugröße), aber mit ein paar zusätzlichen Drähten konnten wir ihn wunderbar einsetzen. Und siehe da, der PC lief wieder an. Bis heute!

Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar: Es  braucht eine Plattform, die sich mit diesen Themen beschäftigt, Bastlern und Laien einfache Anleitungen zur Reparatur bereitstellt und über Produkte und deren Qualität informiert. Und schon fand ich mich mitten in der Programmierung von Swaki wieder.

 

Florian: Wie kommt die Idee bei den Endverbrauchern an?

Christian:

Bis jetzt können wir sehr stolz auf unsere Arbeit sein und bekommen durchweg positive Resonanz zu unserem Vorhaben. Denn unser großes Plus ist, dass wir die einzige unabhängige Reparatur-Plattform in Deutschland sind. Alle anderen Webseiten in diesem Bereich haben meist ein finanzielles Interesse, werden von Agenturen betrieben (z.B. für SEO-Zwecke) oder gehören Produkt-Herstellern (z.B. BOSCH), die damit ihre Verkaufszahlen erhöhen möchten.

Wir stellen einen großen Bedarf an unserer Plattform fest und konzentrieren uns gerade darauf, noch mehr Inhalte zu generieren, sodass jeder Nutzer Hilfestellung zu seinem Reparaturproblem erhält.

Deshalb habe ich hier auch eine Bitte an alle Leser: Helft mit und Stoppt die Wegwerfgesellschaft! Eure Reparaturanleitung auf Swaki ist schnell und unkompliziert erstellt. Selbst eine Teillösung hilft weiter, denn hier kommt wieder der Community-Gedanke zum Einsatz: Eure angefangene Anleitung kann von anderen Nutzern vervollständigt werden und löst so das Problem vollständig.

 

Florian: Gibt es eine vergleichbare Idee in Amerika oder woanders im Ausland?

Christian:

Natürlich haben wir vor der Umsetzung recherchiert, um zu schauen, was dieser Markt bereits hergibt.

Eine tolle Reparaturseite, die auch uns Anregungen gegeben hat, ist die amerikanische Seite ifixit.com. Die Macher fingen dort mit Apple-Reparaturanleitungen an und verkauften die dazu nötigen Ersatzteile. Mittlerweile gibt es dort auch Anleitungen zu verschiedenen anderen Produkten, jedoch ist die Seite ausschließlich auf Englisch gehalten. Für den deutschen Markt ist sie also weniger interessant.

Im Unterschied zu ifixit, steht bei Swaki nicht der Ersatzteilverkauf im Vordergrund, sondern der Community-Gedanke. SWAKIANER helfen – ohne finanziellen Hintergedanken.

 

Florian: Was sagen die Hersteller zu Eurer Idee? Belächeln oder begrüßen sie Swaki?

Christian:

Bisher hatten wir noch keinen Kontakt zu Produkt-Herstellern. Wenn Swaki allerdings weiter wächst und die Aufmerksamkeit zunimmt, vermute ich, dass die Reaktionen unterschiedlich sein werden. Manche Hersteller sind bestrebt, ein gutes Image zu pflegen und wollen, dass ihre Produkte möglichst lange durchhalten. Teilweise stellen diese Hersteller selbst Reparaturanleitungen bereit, was wir sehr begrüßen. Anderen wird Swaki vielleicht sogar ein Dorn im Auge sein. Der Umsatz steht hier im Vordergrund und der steigt natürlich, wenn wir nur wegwerfen und neu kaufen.

 

Florian: Ob es der Fernseher oder das Fahrrad ist, immer wieder hört man sich sagen „früher hat alles viel länger gehalten“.  Was steckt Deiner Meinung nach dahinter? Ist es der „Geiz ist geil“-Kostendruck, der dazu führt, dass billige Materialien verwendet werden? Ist ein schnelles Kaputtgehen von Herstellern beabsichtigt (Geplante Obsoleszenz)? 

Christian:

Geplante Obsoleszenz ist definitiv ein großes Problem. Es gibt genügend Studien, die belegen, dass langlebigere Bauteile nicht wirklich teurer sind und manchmal schon eine andere Anordnung der Bauteile, für ein längeres Leben der Produkte sorgt. Viele Hersteller arbeiten jedoch getreu dem Motto: „Was lange hält, bringt kein Geld“. Ich glaube jedoch nicht, dass der „Geiz ist geil“-Kostendruck dabei eine Rolle spielt, denn geplante Obsoleszenz findet sich bei teuren Produkten genauso wie bei günstigen. Außerdem: Elektronische Bauteile sind grundsätzlich fehleranfälliger als mechanische, das darf man natürlich nicht vergessen. Eine Entschuldigung für geplante Obsoleszenz ist das aber definitiv nicht.

 

Florian: Was habt Ihr dieses Jahr konkret für Swaki geplant, z.B. Produktneuerung, Partnerschaften oder Auslandsexpansion?

Christian:

Da wir uns auf den deutschsprachigen Markt konzentrieren möchten, einfach weil es hier noch keine richtige Lösung für das Problem der Nachhaltigkeit gibt, planen wir derzeit keine Auslandsexpansion.

Unsere Konzentration gilt also einhundert Prozent unserer Community, weshalb wir zurzeit vor allem daran arbeiten, neue Anreize zu bieten, um Teil der Swaki-Community zu werden. So haben wir beispielsweise die neue Rubrik „Experten-Tipps“ eingeführt. Dort schreiben Reparaturexperten unserer Community allgemeine Tipps und Tricks zum Thema Produktqualität, Reparaturen und Nachhaltigkeit.

Auch die Funktionen unserer Webseite bauen wir aus. Ich denke dabei zum Beispiel an unser Belohnungs- und Badge-System (steht in den Startlöchern), das alle Aktionen der SWAKIANER mit kleinen und großen „Premium-Rechten“ honoriert. Weiterhin sind in naher Zukunft Gewinnspiele und weitere kleine Community-Aktionen auf unserem Blog und der Facebook-Fanseite geplant.

Für neue Partnerschaften sind wir natürlich jederzeit offen. Uns ist einfach wichtig, dass das Thema nachhaltige Produktqualität mehr in den Fokus rückt. Deshalb werden wir dieses Jahr auch selbst verstärkt nach Partnern suchen, die uns in unserer Sache unterstützen wollen. Wer also jemanden kennt, für den dieses Thema interessant ist, darf uns gerne Bescheid geben.

 

Florian: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

 

Artikelbild: morguefile.com

Foto von Swaki