Fabian Lindenberg studierte „IT-Systems Engineering“ am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam und absolvierte zusammen mit seinen Mitgründern die interdisziplinäre Zusatzausbildung „Design Thinking“ an der HPI School of Design Thinking. Während seines Studiums arbeitete er für verschiedene Großunternehmen, wie der SAP AG und der Deutschen Bahn AG, aber auch für ein Berliner Start-up. Noch während er seine Masterarbeit schrieb, rief er zusammen mit Ralf Gehrer und Anna Yukiko Bickenbach sein eigenes Start-up ecotastic ins Leben.
Wie bringt man Leute dazu, im Alltag nachhaltiger zu leben? Eine Antwort ist: Man belohnt sie. Und genau das macht die neue Umwelt- App ecotastic.
Im Interview ist Fabian Lindenberg, Mitgründer und Geschäftsführer von ecotastic.
Florian: ecotastic hat ein Belohnungssystem entwickelt, das Privatpersonen einen Anreiz gibt, im Alltag umweltgerecht zu handeln. Wie ist diese Idee entstanden? Was war die Motivation für die Idee?
Fabian:
Die Idee kam Ralf und mir während unseres Auslandsstudiums in Kalifornien. Kommilitonen von mir, die zu viert in einer WG wohnten, fuhren dennoch mit vier unterschiedlichen Autos zum Universitätscampus. Damals überlegten wir, wie wir ihnen einen Anreiz bieten könnten, stattdessen Fahrgemeinschaften zu bilden oder den Shuttle-Bus der Uni zu nutzen. Wenn man erst einmal mit solchen Überlegungen anfängt, fallen einem auch am eigenen Verhalten viele Verbesserungsmöglichkeiten auf. Aus diesem Gedankenspiel entstand letztendlich ecotastic, das Belohnungssystem für umweltgerechtes Verhalten.
Florian: Euer Konzept schafft eine Verbindung zwischen Nachhaltigkeit bei Privatpersonen und Unternehmen. Wie genau genau funktioniert das? Was muss man als Privatperson und was als Unternehmen machen, um ein Teil von ecotastic zu werden?
Richtig, ecotastic verbindet Privatpersonen, die ihr Umweltbewusstsein in die Tat umsetzen, mit Unternehmen, die sie dafür belohnen möchten. Für umweltgerechte Handlungen, wie zum Beispiel das Bilden von Fahrgemeinschaften oder die Reduzierung des eigenen Energieverbrauchs, sammeln unsere Nutzer Punkte und stehen automatisch im Wettstreit mit ihren Freunden oder Arbeitskollegen. Mit unserer Smartphone-App erbringen die Nutzer dabei den Beweis, dass sie tatsächlich umweltgerecht gehandelt haben.
Florian: Und dafür gibt es eine Belohnung als Anreiz? Welche Belohnungen warten auf die Nutzer?“
Fabian:
Unsere Nutzer werden mit Waren- oder Dienstleistungsgutscheinen unserer Partner belohnt. Beispiele sind Gutscheine für nachhaltige Mode, privates Carsharing oder ökologische Feinkost. Aus dem Gutscheinangebot kann jeder Nutzer die eigene Belohnung selbst aussuchen.
Florian: Was haben die Partnerunternehmen davon?
Fabian:
Von einer Partnerschaft mit ecotastic profitieren die Unternehmen gleich in mehrfacher Hinsicht: In erster Linie bieten wir ihnen eine konkrete, leicht zu realisierende Möglichkeit, sich als (kleines und mittleres) Unternehmen sozial zu engagieren. Gleichzeitig aber – und das ist das Besondere an ecotastic – dient ihnen das Belohnungssystem als Marketingtool und Kundenbindungmaßnahme. Sie steigern ihren Bekanntheitsgrad und erreichen unsere Nutzer als potentielle Neukunden.
Florian: Welches Feedback habt Ihr bisher von Euren Nutzern erhalten?
Auf der CeBIT Anfang März konnten wir als Finalteilnehmer des Innovationswettbewerbs CODE_n unser Start-up eine Woche lang mit einem eigenen Messestand präsentieren. Diese Gelegenheit nutzten wir dazu, unsere erste Alpha-App zu veröffentlichen – also eine frühe Version unserer App, die einen Vorgeschmack auf das Belohnungssystem bieten sollte. In einem kleinen Wettbewerb vergaben wir Gutscheine unserer Partner als Preise für die umweltfreundlichsten Nutzer. Das Feedback der Messebesucher fiel sehr positiv aus, worüber wir uns sehr gefreut haben. Auch recht junge Besucher, die mancher vielleicht eher in der Gaming-Halle vermutet hätte, waren von der Idee, für umweltgerechtes Verhalten belohnt zu werden, begeistert.
Florian: Wo liegen Deiner Meinung nach die größten Hürden und Schwierigkeiten für Privatpersonen und Unternehmen, Nachhaltigkeit im Alltag zu integrieren?
Fabian:
Privatpersonen fehlte bislang ein Anreiz, ihr Umweltbewusstsein im Alltag in die Tat umzusetzen, nicht zuletzt weil diese Taten meist unbemerkt blieben und keine Bestätigung fanden. Die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und umweltbewusstem Verhalten wird außerdem oft mit Alltagsroutinisierung oder Bequemlichkeit begründet.
Kleinunternehmen, auf der anderen Seite, vermissten eine konkrete Möglichkeit, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, die sich unmittelbar auf ihren Unternehmenserfolg auswirkt.
Indem ecotastic beide Zielgruppen zusammenführt, versuchen wir diese Hürden deutlich zu verringern.
Florian: Welches sind die ersten, einfachsten und effektivsten Schritte für nachhaltiges Handeln?
Fabian:
Wir glauben, dass es die kleinen Schritte im Alltag sind, die letztlich den größten Beitrag zum Umweltschutz leisten können. Wenn man als Berufspendler auf dem Weg zur Arbeit oder als Student auf dem Weg zur Uni den „Coffee-to-go“ nicht aus dem Pappbecher sondern aus einem wiederverwendbaren Thermobecher trinkt, ist der tägliche Mehraufwand eigentlich zu vernachlässigen. Im Laufe des Jahres spart man so aber unzählige Pappbecher ein. Wenn wir alle solche kleinen Schritte gehen, ist die Wirkung umso größer. Für den einen ist es der Thermobecher, für andere die Fahrt mit den Öffentlichen, das Herunterdrehen der Heizung beim Verlassen der Wohnung, der Einkauf von ökologischen Produkten aus regionaler Herstellung, oder … Mit ecotastic machen diese Schritte endlich Spaß und bringen jedem die verdiente Anerkennung.
Florian: Was sind die drei nächsten großen Schwerpunkte für die Weiterentwicklung von ecotastic?
Fabian:
Seit der CeBIT bauen wir die Grundfunktionalität unserer ersten Alpha-App weiter aus. Außerdem entwickeln wir die Online-Plattform, auf der sich jedes Partnerunternehmen mit einer eigenen Profilseite individuell vorstellen kann. Natürlich sprechen wir zudem immer wieder mit neuen Unternehmen, die Interesse an ecotastic zeigen.
Florian: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.
Fabian:
Herzlichen Dank!
UPDATE 23.05.2013:
ecotastic geht in die nächste Phase und startet jetzt offiziell das Belohnungssystem mit neuer App und vielen spannenden Partnerunternehmen. Weitere Unternehmen können vorgeschlagen werden. Die Pressemitteilung Start ist hier.
Artikelbild: morguefile.com
[…] Ein Interview mit einem der Gründer gibt es hier bei nachhaltig-sein.info. […]