Der Frage nach dem Natur-Bewusstsein der Kinder ist der Jugendreport 2016 nachgegangen und klärt, ob die Natur im Alltag der jungen Generation noch eine Rolle spielt und was es mit der so oft heraufbeschworenen „Naturentfremdung“ auf sich hat. Nachfolgend ein Auszug des lesenswerten Jugendreports, der Einblicke in das Naturwissen, Wald-Besuche, die Medien-/Smartphone-Nutzung und die Bedeutung für eine nachhaltige Lebensweise gibt. Denn wir schützen nur was wir auch schätzen.
Himmelsrichtung
Es zeigt sich ein klarer Trend: Elementares Naturwissen ist verloren gegangen. So wissen ist die Zahl der richtigen Antworten von 59% in 2010 auf 35% in 2016 zurückgegangen. Zudem gibt es einen deutlichen Anstieg für die Antwort „Norden“ (führend vor „Westen“ und „Süden“) und für „keine Antwort“. Die Kenntnisse zum Himmelsgeschehen sind unabhängig von der Naturnähe gering.
Der Wald als Ausflugsort
An den Besuchshäufigkeiten haben sich seit 2006 wenig geändert: 40% sind mindestens 1 Mal pro Woche im Wald, 21% 1-3 Mal pro Monat, 25% 1-3 Mal im Sommer und 14% gar nicht.
Waldnutzung
Die Mehrheit der Jugendlichen sieht den Wald als Lebensraum, weniger als Rohstofflieferanten. Besser nur kranke Bäume fällen, sagen 86%. Bäume für die Schaffung von Straßen, Wohn- und Gewerbegebiete zu fällen, unterstützen nur 18%. Das Credo von Naturschutzgebieten „Natur Natur sein lassen“ ist aber bislang nur unzureichend zu den Kindern und Jugendlichen durchgedrungen: Die Landschaft verwildern zu lassen unterstützen weiterhin nur 27% (2006: 28%).
Naturwissen/-interesse
Jugendliche, die sich oft im Wald aufhalten, haben insgesamt ein größeres Naturinteresse und verfügen über ein konkreteres und authentischeres Naturwissen. Dieses Wissen ist bei Stadtkindern geringer als bei Kindern, die in kleineren Ortschaften leben.
Freizeit
Eltern spielen dabei eine wichtige Rolle. Jedes zweite Landkind gibt an, sich ohne Einschränkungen unbeaufsichtigt in der Natur aufhalten zu dürfen. Bei Stadtkindern müssen die Mehrzahl ein Handy, Freunde oder einen Erwachsenen dabei haben. Die Ungezwungenheit der Landkinder und auch die Einfachheit sind wesentliche Gründe, warum sie sich lieber in der Natur aufhalten.
Mediennutzung
57% der Befragten, also mehr als die Hälfte der Jugendlichen, verbringen eigenen Angaben zufolge mindestens 3 Stunden pro Tag vor Bildschirmen (Handy, Tablet, PC, Laptop, Konsole, Fernseher). Fast ein Viertel sitzen sogar über 5h täglich davor.
Die Wohnlage – Stadt oder Land – macht hierbei kaum einen Unterschied. Bedeutend ist die Nähe zur Natur: „Stubenhocker“ verbringen zu 78% mindestens 3 Stunden in elektronischen Sphären und „Naturliebhaber“ nur 37%.
Engagement
Das Interesse an einer Teilnahme an Naturschutzaktionen ist relativ groß, aber tatsächliche Engagement gering. Dies ist leider nicht ungewöhnlich und vergleichbar mit Erwachsenen.
Allerdings: Je häufiger sich Kinder im Wald aufhalten, desto häufiger folgen dem Interesse echte Taten. So sind von den häufigen Waldbesuchern sind 34% im Natur- oder Umweltschutz aktiv, von den seltenen Gästen nur 17%. Das Erleben ist entscheidend: Ein Lagerfeuer machen, Tiere in freier Wildbahn beobachten und ein Baumhaus bauen. Auch hier sind Eltern gefragt. Die Natur-Erleber hängen auch seltener vor dem Bildschirm.
Was tun?
- Sollen die eigenen Kinder eine Nähe zur Natur aufbauen, müssen Eltern dies vorleben und Naturerlebnisse ermöglichen.
- WWF bietet hierzu auch tolle Camps an: WWF Jugend Camp und Young Panda Camp.
- Das Projekt Wangeliner Workcamps bietet kostenlose Workcamps zu grünen Berufen für junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren aus den neuen Bundesländern
Hintergrund
Der Jugendreport 2016 wurde von Natursoziologie.de und der Universität zu Köln durch das Team bestehend aus Dr. Rainer Brämer, Hubert Koll und Hans-Joachim Schild durchgeführt. Es wurden insgesamt 1.253 Sechst- und Neuntklässler im Rahmen des Schulunterrichts an elf Schulen in den Räumen Köln, Ruhrgebiet und Südwestfalen befragt. Eine Dokumentation der bisherigen Ergebnisse befindet sich unter verschiedenen Themenschwerpunkten hier.
Artikelbild: Unsplash, Jenn Richardson