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Interview: Regisseur Sascha Seifert über seinen neuen Film SLOW

Geschrieben von Florian

Sascha Seifert ist ein visionärer Filmemacher, Dokumentarfilm-Experte, etablierter, vielseitiger Autor, Social Media- und Marketing-Experte, Technology Early Adopter und Serial Entrepreneur.

 

 

Nachhaltigkeit  fängt im Kopf an. Ohne die Natur erlebt zu haben und die Mechanismen zu verstehen, wird man sie wahrscheinlich auch nicht schätzen lernen und somit auch nicht schützen. Der letzte Jugendreport zeigte eine durchaus große Naturdistanz auf. 49% der Jugendlichen ist keine Antwort zum Thema „Nachhaltigkeit“ eingefallen. Dabei halten sich über 50% der Jugendlichen lieber in der Natur als in der Stadt oder im eigenen Zimmer auf. Natur ist gewünscht! Das ist auch nachvollziehbar: Denn in der Natur liegt eine einmalige Ruhe und Schönheit. Und genau dies bringst Du in Deinem Film „SLOW Langsam ist das neue schnell –  Ein Schnecken-Tag“ auf den Punkt. Und noch besser: Der Film entstand nicht weit weg im Ausland, sondern direkt vor Deiner Haustür, im Stuttgarter Stadtwald. Echt klasse !

 

Im Interview ist der Regisseur Sascha Seifert von MOUNA Films.

UPDATE: Seit dem 06.12.2013 gibt es die DVD zum Film, u.a. hier, zu kaufen.

Florian: Was fasziniert Dich an der Natur so sehr, dass Du quasi beim Anschauen die Zeit anhalten willst? Wie ist die Idee für den Film entstanden?

Sascha:

Für mich und auch für das ganze SLOW-Team ist die Frage nach Zeit und Geschwindigkeit überhaupt ein zentraler Schlüssel zum fairen und zukunftsfähigen Umgang mit sich selbst und unserer (Um-) Welt.

Als Naturfreund und achtsamer Beobachter liefen mir dann irgendwann rund um diese Themen unsere heimischen Schnecken ins Bild. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Das Tier schlich sich langsam aber unaufhaltsam direkt in den Kameraframe als wir im Wald gedreht haben. 🙂 Da wurde mir klar, dass diese Schnecken der lebendige Beweis dafür sind, welche Kraft und Ästhetik in der Langsamkeit steckt. Und einmal mehr hab ich erkennen dürfen wie clever die Antworten der Natur auf so vieles sind, dass uns Menschen tagtäglich bewegt. Ich denke, dass alles zusammen hat mich auf den Weg gebracht!

 

Florian: Wie aufwendig waren die Dreharbeiten? Gab es besondere Herausforderungen? Wenn ja, welche? Was hat die Stadt Stuttgart zu Deinem Projekt gesagt?

Sascha:

Beim Dreh war vor allem das Koordinieren der verschiedenen Wahrnehmungen von Zeit bei Mensch und Tier immer wieder eine Herausforderung.Schnecken haben ihr eigenes Tempo wie wir alle wissen 🙂 Da sind die ca. zehn Minuten, die so ein Tier braucht, um den Weg zu überqueren, eine lange Zeit wenn man möglichst ohne Bewegung daneben sitzt. Zumal es de facto eben auch nicht so gewesen ist, dass man diese verhältnismäßig lange Zeit für einen Take immer auch so in aller Ruhe zur Verfügung hatte.Denn die Schnecken haben noch paar Tricks in der Hinterhand, was die Zeiträume in denen letztlich wirklich gefilmt werden konnte nochmals beschränkt hat. Sie lieben beispielsweise ein ganz bestimmtes Klima besonders. Meistens nach einem Gewitter, aber auch nicht nach jedem Gewitter. Oft, aber auch nicht immer, in den Abendstunden. Und wenn abends dann ziemlich zeitnah zu Einbruch Dunkelheit. Mit der Zeit haben wir da so eine gewisse Intuition entwickelt.Wir wollten aus Ästhetik- und Tierschutzgründen ohne Kunstlicht auskommen, hatten also daher nur sehr kurze Zeitfenster. In denen es dann Tiere zu fotografieren galt, die sich eben sehr SLOW bewegen 🙂 Daher brauchten wir viele Drehtage, die aber wie gesagt sehr wetterabhängig und damit nur bedingt planbar waren.Kurzum, beim Filmemachen in der Natur besteht die Kunst, in der Balance zwischen guter Planung und der Offenheit dennoch sehr spontan auf die Geschehnisse vor Ort einzugehen. Ich würde sagen, dass dies mit die wichtigsten Herausforderungen waren.Von und in der der Stadt Stuttgart haben wir bisher sehr gute Resonanz bekommen und sind zudem mit vielen Institutionen im Gespräch, das freut uns sehr!Florian: Wenn ich den Filmslogan „slow the film“ lese, fällt mir sofort die Weisheit „weniger ist mehr“ ein. Gibt es da eine Analogie, die Du mit dem Film aufzeigen willst?Sascha:Ja, klar die gibt es. SLOW, also die Dingen langsamer bzw. entschleunigter zu tun, hat ja schon auch was mit Reduktion zu tun. Unser heutiges Leben ist ja schon stark von der Idee des immer größer – immer schneller – immer mehr geprägt. Das stellt uns persönlich und gesellschaftlich vor große Zeitprobleme und Herausforderungen, da ist wohl Umdenken gefragt. Und schon bei dem Prozess des Umdenkens hilft uns das „langsamer sein“ enorm, finde ich! 🙂Wenn ich die Filmbeschreibung lese, fallen mit die Worte Meditation und Buddhismus auf. Was hat es damit auf sich? Was spricht Dich am Buddhismus an?Sascha:

Kurze Frage, die aber viel anspricht und darum so kurz für mich nicht zu beantworten ist 🙂
Ich versuche es aber so kurz wie irgend möglich:

Ich finde, wenn man bestimmten Fragen, welche die Welt und das Leben an uns stellt ergebnisoffen begegnet, landet man früher oder später immer beim Buddhismus. Und damit meine ich vor allem den Buddhismus als Art zu denken, als Art auf das Leben zu sehen, als Art mit dem Leben umzugehen. Als Ansatz, der bei einem selbst beginnt, ohne Umwege und Entschuldigungen. Oder anders gesagt: „Es ist nicht Sinn des Buddhismus, den Buddhismus zu studieren, sondern uns selbst.“ sagt der Zen-Lehrer Shunryu Suzuki Roshi.

Mit Religion hat das für mich zunächst mal weniger zu tun. Glaube und Religion ist eine reine Privatsache jedes einzelnen Menschen. Das beruht auf sehr komplexen Weltbildverständnissen, die wir nicht von außen beurteilen sollten, solange die Religionspraxis nicht in Extremismus und Unfreiheit umschlängt.

Ich beschäftige mich gerne mit all den Themen rund um die Bewusstseinsforschung. Und ich finde der Buddhismus ist die einzige spirituelle Lehre, welche diese daraus entstehenden Fragen wirklich offen zulässt und zu beantworten versucht. Und überraschender Weise bei den Antworten sehr viele Parallelen aus Jahrtausende alten Schriften bietet, zu deren Essenz die westlich dominierte Naturwissenschaft erst langsam auf ihre Art vordringt.

Meditation sowie Kontemplation ist für mich so etwas wie die Praxis zu all der eben erwähnten Theorie. Da die Hirnforschung es längst bewiesen hat, dass wir durch Einkehr und Stille unsere Gehirnfunktion positiv beeinflussen können, ist nur wunderbarer Neben-Effekt. Mir gibt Meditation einfach Ruhe und bringt ein besseres Lebensgefühl 🙂

 

Florian: Du schreibst ebenso „think global, act local“. Kannst Du Beispiele für „act local“ nennen, die man im Alltag einfach umsetzen und somit beherzigen kann?

Sascha:

Da gibt es vieles, was man tun kann. Ich reduziere es mal auf drei wesentliche Punkte für den Moment: Versuche als Mensch achtsam zu sein, immer und überall. Ein guter Schritt dahin ist durchatmen und dann erst handeln, reden, schreiben etc. 🙂 Und ganz wichtig: höre niemals auf, selbst zu denken.

Und, wirklich absolut Hands On:

Unsere westliche Welt ist voll von Betroffenheit und Sorge um Natur am anderen Ende des Planeten. Und das ist sicherlich sehr gut und sinnvoll, dass sich Menschen darum kümmern. Aber darüber wird oft die Natur vor unserer Tür ein wenig vergessen finde ich.  Ich würde das gerne so geändert sehen, dass bei uns allen Raum für beides da ist.

Wenn man viel in einem deutschen Wald unterwegs ist und mal bewusst hinschaut, Stichwort „Achtsamkeit“, dann merkt man zum Beispiel, dass Plastik nicht nur ein Problem ist das den Pazifik oder die Biskaya betrifft. Auch wir haben hier viel zu viel Plastikmüll zwischen den Bäumen liegen, um den sich niemand kümmert. Und der zerfällt beispielsweise genauso irgendwann in Kleinstpartikel, die dann in die Nahrungskette kommen können.

Daher:

Auch dieses Jahr am 1. Mai werden wieder ca. 15 bis 20 Millionen Menschen in Deutschen Wäldern unterwegs sein. Mein Traum wäre es, wenn jede einzelne dieser Personen beim Mai-Ausflaug nicht nur alles wieder mit nach Hause nimmt was diese Person mitbringt. Sondern, dass an diesem Tag alle jeweils drei Teile Müll mehr mit nach Hause nehmen, als sie oder er zu Beginn ihres Ausflugs mit dabei hatte. Einfach 3 Mal kurz bücken, und einsammeln.

Stellt Euch das mal vor, an nur einem Tag werden ca. 60 Millionen Stücke (Plastik-)Müll aus der Natur geräumt. Das würde ein Zeichen setzen und wirklich etwas nachhaltig verändern.

Wir müssen als Gesellschaft möglichst weit weg davon auf andere zu warten. Hin zu mehr Eigenverantwortung, gerade bei so ganz praktischen Dingen.

 

Florian: Wo kann der ganze Film „SLOW · Ein Schnecken Tag” bewundert werden? Ist er auch käuflich erwerbbar? Und: Welche Filmprojekte stehen jetzt an?

Sascha:

SLOW kommt ab 23. Mai 2013 in Deutschland bundesweit in die Kinos.

Wer in seinem Ort möchte, dass der Film im Kino gezeigt wird, darf uns gerne ansprechen.  Wir bemühen uns dann darum das umzusetzen. Kontakt dafür mit möglichst vielen Details am Besten über slow@mounamouna.com

Für das Ausland arbeiten wir gerade an verschiedenen Möglichkeiten für die Veröffentlichung. DVD und verschiedene Download-Möglichkeiten werden sicherlich noch folgen.

SLOW ist Teil eines größeren Filmkonzepts unter dem Titel „Feuer, Erde, Wasser, Luft“.

Wir arbeiten bereits an den kommenden drei Teilen 🙂

Und wir sind in den Drehvorbereitungen für  „I HEART HEART“. Das wird ein Kino-Dokumentarflm und Transmedia-Projekt über die mächtige, komplexe Rolle und Bedeutung des menschlichen Herzens für alle Menschen rund um den Globus: ob in der Liebe, aus medizinischer, aus kultureller oder aus spiritueller Sicht. Das Projekt ist meine persönliche Suche nach der wahren, richtigen Heilung für das menschliche Herz. Immer dem Herzschlag folgend, dem Rhythmus unseres Lebens.

 

Florian: Danke Dir. Weiterhin viel Erfolg bei Deinen Filmprojekten.

Sascha: Danke. Und DANKE für das Interview! #slow

 

Der wirklich sehenswerte Trailer von SLOW

SLOW · Kino Trailer from Sascha Seifert on Vimeo.

 

Artikelbild: morguefile.com

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