Natur

Wie nachhaltig ist das Internet?

Geschrieben von Leena

Das Internet gehört längst zu unserem Alltag. Und während wir online über Nachhaltigkeit lesen, stellt sich die Frage: Wie umweltfreundlich ist eigentlich das Internet? Wie nachhaltig surfen wir? Welchen Einfluss hat die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) auf die Natur und ihre Ressourcen? Denn die Internet-Nutzung nimmt immer weiter zu, ebenso wie die Nachfrage nach IKT-Produkten und Dienstleistungen. Und die Datenmengen der Digitalisierung bleiben sicher nicht ohne Auswirkungen. Unsere Übersicht wirft einen Blick auf die ökologische Nachhaltigkeit der IKT-Branche – und gibt Tipps zum nachhaltigeren Handeln.

Schon vor neun Jahren rechnete der Autor Nicholas Charr aus: Ein Avatar, d. h. eine animierte Figur, im Videospiel Second Life verbraucht fast genauso viel Strom im Jahr wie eine reale Person: 1,752 kWh pro Jahr entfielen auf den Avatar, 2,436 kWh auf einen Menschen, gemessen am weltweiten Durchschnitt.

 

Stromverbrauch, der für Aufsehen sorgt

Der Stromverbrauch der IKT-Branche schlägt ordentlich zu Buche. Tendenz: Steigend. 2007 betrug er in Deutschland bereits rund 10,5% des gesamten Stromverbrauchs der BRD: nämlich 55 Terawattstunden. Und die Experten schätzen, dass er bis 2020 auf über 20% ansteigen wird.1 Die immer stärkere Internet-Nutzung und die steigende Nachfrage nach Cloud-Diensten kurbeln den Strombedarf der Rechenzentren an. Hauptgrund des steigenden Strombedarfs sind jedoch die wachsenden Datenmengen der mobilen Telekommunikationsnetze, schlussfolgert eine Studie des Öko-Instituts.2 Und dieser soll europaweit noch weiter ansteigen, nämlich um 150% bis 2020.

Quelle: _FhG-IZM und FhG-ISI (2009): Abschätzung des Energiebedarfs der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft

Quelle: _FhG-IZM und FhG-ISI (2009): Abschätzung des Energiebedarfs der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft

Zwar werden Endgeräte wie Laptops oder Smartphones immer energieeffizienter, dafür gibt es aber auch immer mehr. Ein Rebound-Effekt, der den beruflichen und privaten Bereich betrifft. Zwar sind LED, LCD und OLED Displays sparsamer, dafür aber mittlerweile auch größer und der Trend zum Zweitmonitor erhöht den Stromverbrauch zusätzlich. Besonders Fernseher verbrauchen aktuell fast ein Drittel des genutzten Stroms im IKT-Bereich. Laut Öko-Institut wird dieser Verbrauch sinken, da die Tendenz zu Nutzung mobilen Geräten geht, die energieeffizienter sind.

Hinzu kommt der Strombedarf bei der Herstellung der Produkte selbst. So braucht es z. B. Chipfabriken eine sterile Reinraum-Atmosphäre, deren Filteranlagen „etwa so viel Strom wie eine ganze Kleinstadt [verbrauchen]“ (Patrick Woods, Stand 2007, In: Online.)

Unsere Tipps für nachhaltiges Handeln:

  • Werden Geräte nicht benutzt, sollte man sie ausschalten. Auch der Bildschirmschoner verbraucht Strom.
  • Stand-By-Modus oder Ruhemodus lassen sich manuell so einstellen, dass sie bereits früher einsetzen – auch bei Monitoren.
  • Augen auf bei der Wahl der IT-Komponenten: Leistungsstarke Grafikkarten, besonders für Spiele, verbrauchen oft viel Strom. Vielleicht reicht ja auch eine kleinere Grafikkarte?
  • Auf Ökostrom welchseln.

 

Der CO2-Fußabdruck unserer Google-Suche

Ja, eine Google-Suche verursacht CO2-Emissionen. Rund 200 Millionen Suchen werden weltweit täglich durchgeführt, eine Suche dauert durchschnittlich 0,2 Sekunden. Google selbst gibt an, pro Suche entstünden so 0,2 Gramm CO2. Andere Berechnungen kommen auf 1 bis 10 Gramm CO2 pro Suche. Schaut man sich online Videos oder Animationen an, steigt der CO2-Ausstoß um das Zehnfache und mehr an. 3 Im Vergleich dazu: Eine Energiesparlame verursacht pro Stunde 6 Gramm CO2.4 Ein Kilometer Bahnfahren verursacht 72 Gramm CO2.

CO2 entsteht nicht nur durch den Stromverbrauch aus nicht-nachhaltigen Quellen, sondern auch durch Herstellung oder Transport bzw. Logistik. 2007 gab das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz an, die IKT-Branche sei weltweit für 2% aller CO2-Emissionen verantwortlich und damit gleichauf mit dem Ausstoß des globalen Flugverkehrs. Für Deutschland bedeutete das ca. 23 Millionen Tonnen CO2 Emissionen. Das entspricht über 7,5 Millionen Flüge von Frankfurt nach New York City. Aktuelle Zahlen zu den CO2-Emissionen lassen sich leider nicht finden.

Unsere Tipps für nachhaltiges Handeln:

  • Google ist nach eigenen Angaben durch Kompensationsprogramme CO2-neutral (vgl. Google 2015). Alternativ gibt es Öko-Suchmaschinen, die CO2-Ausgleichen oder einen Teil der Einnahmen an NGOs spenden. So ergebnisstark wie Google sind Anbieter wie Ecosia, Ecosearch oder goodsearch allerdings nicht.
  • Für die eigene Website: Mittlerweile gibt es sogar CO2-neutrale Hosts oder Provider, die sich rasch durch eine Internetsuche finden lassen.
  • Natürlich kann jeder auch selbst freiwillig CO2 kompensieren, Bäume pflanzen oder eine Naturschutzorganisation unterstützen.

 

Rohstoffe: Hoher Preis für Mensch & Natur

Was braucht man, um einen Rechner zu bauen – ein bisschen Plastik und etwas Metall? 1,5 Tonnen Rohmaterial werden benötigt, um einen Desktop PC herzustellen. Für ein Notebook sind es im Schnitt 0,5 Tonnen. Andere Schätzungen dagegen kommen auf rund 19 Tonnen Rohstoffe: Eingerechnet sind hier auch 1500 Liter Wasser, 22 kg chemische Stoffe sowie 240 Kilogramm fossile Energieträger.

Geht es um die ökologische Nachhaltigkeit, ist der Stromverbrauch längst nicht das wichtigste Kriterium. Viel größeren Einfluss hat der hohe Umweltaufwand bei der Herstellung der IKT-Produkte. Hierfür braucht es sog. kritische Rohstoffe, die knapp, teuer und nicht erneuerbar sind, z. B. Indium, Gallium und seltene Erden.6 Oft ist der Preis für Mensch und Natur sehr hoch: Viele der Metalle stammen aus Afrika und Südamerika, wo sie von kaum technisierter Industrie abgebaut werden. Das knappe Wasser der Regionen fließt in die Rohstoffgewinnung. Die Arbeitsbedingungen der Arbeiter sind schlecht, der Abbau gesundheitsschädlich und von den wertvollen Rohstoffen profitiert die Bevölkerung nicht.7

Unsere Tipps für nachhaltiges Handeln:

  • Um den ökologischen Fußabdruck zu verbessern, sollte man die Geräte möglichst lange verwenden. Braucht man wirklich das neuste Modell? Tut es nicht auch das alte noch?
  • Auch kann man gebrauchte Geräte kaufen, und damit den Produktlebenszyklus verlängern.
  • Beim Neukauf sollte man nicht allein auf den Stromverbrauch achten, denn die Herstellung ist entscheidender. Hier können Siegel wie der Blaue Engel eine Hilfestellung sein.

 

Recycling von Laptop, Handy & Co

Die wertvollen Rohstoffe werden in kleinsten Mengen in den Produkten verbaut, so dass ein sinnvolles Recycling nach heutigem Standard gar nicht möglich ist.6 Ein Großteil des Gerätes kann recycelt werden, aber lediglich ein Viertel der deutschen Elektrogeräte werden ordentlich entsorgt. Viele liegen Zuhause herum, andere landen fälschlicherweise im Restmüll oder werden illegal ins Ausland transportiert, wo Menschen in Hinterhöfen oder zu Hause die wertvollen Metalle mit Feuer und Chemikalien aus dem Elektroschrott herauslösen.

Unsere Tipps für nachhaltiges Handeln:

  • Alte Elektrogeräte gehören nicht in den Hausmüll!
  • Ab zum Großhändler: Der ist seit 2013 zur Rücknahme und dem Recycling verpflichtet.
  • Der Recyclinghof: Der Weg ist zwar oft etwas weiter, aber hier kann man den Elektromüll fachgerecht entsorgen.

 

Weitere spannende Themen sind:

Wie fair sind Smartphones? Wir haben mit Joe Mier von FairPhone gesprochen. Antworten gibt’s in diesem Interview.

Ob Defekte in Produkten geplant sind oder ob Dinge zufällig kaputt gehen, haben wir in diesem Artikel genauer beleuchtet.

Auch über die 6 anderen Kosten unseres Konsums (außer Geld) haben wir hier geschrieben.

Und wie sehr ein Deutscher jährlich die Umwelt belastet, zeigt diese Grafik hier.

 

Quellen:

1 vgl. BMUB (2014): Green IT. In: Online.
2 vgl. Öko-Institut (2014): Wachsender Strombedarf für Rechenzentren und Telekommunikationsnetze in der EU.
In: Online.
3 vgl. Florian Rötzer (2009): Für wieviel CO2-Ausstoß sind Internetsuchen verantwortlich? [Update] In: Online.
4 vgl. Stromauskunft.de (2015): CO2 Emissionen. In: Online.
5 vgl. Bjoern (2015): Green IT – Zahlen und Fakten. In: Online.
6 vgl. BMWi (2014): Energieeffiziente IKT in der Praxis. Planung und Umsetzung von Green IT Maßnahmen im Bereich von Büroarbeitsplätzen und Rechenzentren. In: Online.
7 vgl. fiff (2015): Faire Computer. In: Online.

 

Artikelbild: Instant Vantage / Guian Bolisay
Grafik-Quelle: _FhG-IZM und FhG-ISI (2009): Abschätzung des Energiebedarfs der weiteren Entwicklung der Informationsgesellschaft. In: Online.

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